Reisen in Rosarot

Auch Rüdiger Grube hat Erkenntnisse. Die Bahn AG hat mal wieder zugekauft, diesmal das Tochterunternehmen Arriva. Sie ist nunmehr in elf Ländern vertreten: „Wenn Sie zum Beispiel im Bus durch London fahren, dann sitzen Sie wahrscheinlich in einem unserer Arriva-Busse.“ Ich zum Beispiel will gar nicht mit dem Bus durch London fahren, ich will nur von Nürnberg zurück nach Berlin. Weil der Zug über Erfurt umgeleitet wird (Baum umgestürzt), braucht der Zug zwei Stunden länger. Eigentlich nur 1 Stunde 57 Minuten, aber kurz vor dem Bahnhof Südkreuz hat jemand ein Einsehen und hält einfach noch einmal fünf Minuten auf offener Strecke. So werden die zwei Stunden Verspätung erreicht, was 50 anstelle von 25 Prozent Entschädigung bedeutet. Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.

Das Service-Personal ist in diesen Tagen freundlich bis defensiv beflissen. Auf der Strecke Berlin-Oranienburg (40 Kilometer, 40 Minuten Verspätung) zeigt der Zugführer sein dienstliches Blackberry herum, um den Passagieren zu bestätigen, dass er auch nicht mehr weiß als wir alle, die da warten und aus dem Fenster starren. Im Erfurter Zweistünder gibt es sage und schreibe kostenlosen Kaffee.

Starrt man lange genug nach draußen, weiß man nicht mehr, wie der nächste außerplanmäßige Halt heißen wird und ob wir dort auf Anschlussreisende warten müssen, die in einem anderen Zug auch längst das Raum-Zeit-Kontinuum durchbrochen haben. Die Wirklichkeit franst an den Rändern allmählich aus. Draußen im Winterwald ist alles flauschig weiß und drinnen bei Angela und Rüdiger ist alles flauschig rosarot.

Wenn man im Kundenmagazin zum „BahnShop 1435“ weiterblättert, entdeckt man dort den einen Klassiker: die Standard-Bahnhofs- als Armbanduhr. Demnächst wird es auch eine Dalí nachempfundene fließende Uhr im Sortiment geben. Dem Glücklichen schlägt keine Stunde, und Bahnfahren macht glücklich. „Verehrte Fahrgäste. Kann sein, dass wir demnächst ankommen oder abfahren. Über ihre weiteren Reisemöglichkeiten werden wir Sie informieren oder auch nicht.“

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