Die Hölle, das sind die anderen Weihnachtsmärkte

 

Arglos ist er, der gemeine Weihnachtsmarktbesucher, und in vorweihnachtlicher Ergriffenheit, die apathischer Abgestumpftheit täuschend ähnlich sieht, kippt er seine Kümmerling, Küstennebel, Dornkaat, Eierlikör, Kleine Feigling, Fernet Branca on the rocks, Futschis, Caipis und Tequilas in sich hinein. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann gibt es noch ein Festtagsbier. Von Kindesbeinen an gewöhnt, unangenehme Flüssigkeiten im Beisein von Lametta aus dem Erzgebirge und Mausefallen aus dem Erzgebirge in sich hinein zu kippen, lässt er sich auch von Wildfremden gerne auf ein Gläschen oder Fläschchen einladen, solange sie nur eine Fahne haben.

Im Moment weiß ich gar nicht mehr, ob ich den lauwarmen Glühwein mit Himmlisches Moseltröpfchen, Meister Proper oder Kölnisch Wasser abgeschmeckt habe. Die Vorlieben sind bekanntlich verschieden, und wo der eine schon reihert, feiert der andere beschwingt in den nächsten Adventssonntag hinein.

Wenn ich dann noch mein Weihnachtsmannkostüm trage – ich besitze deren drei, und eins ist immer in der Reinigung – wird die Sache zum Selbstläufer. Obwohl es sich seit Terry Gilliams Film Brazil aus dem Jahr 1985 herumgesprochen haben sollte, dass Weihnachtsmänner Agenten des Bösen sind, fallen auch in diesem Jahr die Menschen auf meine dümmlichen Trinksprüche herein: Auf die Rentiere, auf den Justizsenator, auf und nieder, immer wieder. Wem partout nicht schlecht werden will, den locke ich zu den Fahrgeschäften. Sechs Runden im Kettenkarussell, und auch Kamillentee aus dem Erzgebirge bekommt einen merkwürdigen Beigeschmack, der Übelkeit und Schwindelanfälle auslöst.
Mögen die Häscher auch kommen und mich in Fesseln schlagen. Wenn ich meine Tage im Hochsicherheitsgefängnis bei Danziger Goldwasser und Früchtebrot beschließen muss – es werden andere kommen, die mein Werk fortsetzen. Meine Glühweinfässer sind an einem sicheren Ort, meine Pappbechervorräte frisch aufgefüllt. Der Kampf geht weiter.

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