Die Siebenmeilerstiefel

„Wir brauchen eine Energiewende“, rief sie und hopste von ihrem hohen Ross. „Majestät, das sehen wir ganz genau so“, riefen Markus und Mappus. Beide waren erfahrene Energiewendehälse und trotz ihres Alters über die Maßen gelenkig. So machten sie sich auf dem Weg zum Orakel.

Das Orakel karwieselte gerade in der Küche an seinem neuen Ceranplattenherd herum. Als die Königin eintrat, rief das Orakel höchst erfreut: „Hey Babe, wie isses denn so? Alles Schnucki in Kentucky?“

„Leider nicht“, seufzte die Königin. „Wolke, Wählerwanderung, Energiewende. Kannst du mal kurz helfen? Vielleicht mit einer tragfähigen Brückentechnologie?“ Das Orakel schob den Milchreis von der Platte, es ließ nichts anbrennen: „Über sieben Brücken musst du gehen, sieben Landtagswahlen überstehen, siebenmal wirds Asche schneien, und am Ende steht du ganz allein.“

„Geht das auch Klartext?“, nölten Markus und Mappus. Das Orakel wurde größer, richtete sich auf, reichte bis zur Decke, riesig stand es vor der Königin und ihren beiden Pagen: „Hört auf, gegen Windmühlen zu kämpfen.“

„Geht klar“, nickte die Königin. „Nur diesen Teil mit ,ganz allein‘ am Ende, den habe ich nicht verstanden. Heißt das …?“

Das Orakel schnurrte wieder auf normale Größe zurück und rührte den Milchreis um: „Woher soll ich das wissen, schließlich bin ich ein Orakel: eine mit Hilfe eines Rituals oder eines Mediums gewonnene transzendente, häufig göttliche Offenbarung, die der Beantwortung von Zukunfts- oder Entscheidungsfragen dient. Steht genau so bei Wikipedia, hab ich selbst dort eingetragen. Du kannst gern mit Karte bezahlen.“

Und mit Siebenmeilerstiefeln kehrte die Königin in ihren Palast zurück und entschied, dass noch am gleichen Tage die sieben ältesten und gebrechlichsten Hühner mit dem Brüten aufhören mussten. Die dreißig Millionen paranoiden Apokalyptiker standen hysterisch vor Glück vor dem Schloss und brachten ein dreifaches Vivat auf die mutige Entschlusskraft der heldenhaften Königin aus, welche die sieben Landtagswahlen locker alle in die Tasche steckte.

Und wenn sie nicht gestorben ist, dann herrscht sie da noch heute … Doch still, hört ihr nicht das Klopfen? Markus und Mappus zerlegen mit dem Eierlöffel den Eierbecher am Stuttgarter Bahnhof. Und schon in 100.000 Jahren werden sie damit fertig sein.

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