Endlos wiedergeboren

Heute ist es so weit, heute soll er kommen. Unser professioneller Spielleiter, der uns die kommenden Wochen mit „Urdu“ versüßen wird. „Urdu“? Sagen Sie bloß nicht, Sie hätten noch nie etwas von „Urdu“ gehört. „Urdu“ ist das Spiel des Jahres 2011. Und auch der diesjährige Sieger ist wieder etwas üppiger und komplizierter ausgefallen als die Spiele in den Jahren zuvor.

„Urdu“ hat seine Wurzeln in der jahrtausendealten indischen Kultur, und wenn ein altes indisches Sprichwort sagt, Schach sei „Urdu“ für Doofe, ahnt man schon, dass auch auf erfahrene Vielspieler wie uns eine echte Herausforderung wartet. Wir, das sind meine Frau, meine beiden fast erwachsenen Kinder, meine Schwiegereltern, die verwitwete Schwester meiner Schwiegermutter sowie mein jüngerer Bruder, die wir hier alle friedlich und fröhlich in unserem Mehrgenerationenhaus unter einem Dach wohnen.

„Urdu“ gibt es auch in einer kleineren Reiseversion, aber als wir es Weihnachten geschenkt bekamen, war die Wohnzimmervariante gerade gut genug. Der Spielplan besteht aus mehreren Platten des hellen und strapazierfähigen Holzes der Himalajabirke, die in großen Plantagen im Bundesstaat Uttar Pradesh unter Aufsicht von Robin Wood und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nachhaltig angebaut wird.

Zusammengesteckt ergeben die Platten eine Spielfläche von gut vier Quadratmetern. Diese wird mit einem stabilen Filz bespannt, der sich zusammen mit den Schraubhaken in einem Jutesäckchen in Karton zwei befindet. Dort sind auch die 1.234 verschieden farbigen Spielsteine zu finden, die mit ihrer Unterseite aus Velcro auf den Filz geheftet werden.

Im dritten Karton befinden sich die 752 Figuren, die die wichtigsten Gottheiten darstellen, Vishnu, Ganesha, Shankaranarayana und all die anderen. Sie müssen zusammengebaut werden. Die überzähligen Arme sind leider kein Ersatz für den Fall, dass mal etwas verloren geht, sondern gehören zu der vierarmigen Göttin Kali. Man muss gut aufpassen – wie schnell rollt eine Gottheit doch unters Sofa oder verschwindet im Flokati.

Sinn des Spiels ist es, auf dem langen Weg über 1.234 verschiedenfarbige Spielfelder so oft wie möglich wiedergeboren zu werden. Zu diesem Zweck rufen die Mitspieler die Götter an, und deshalb gibt es in Karton vier ein zweibändiges Handbuch über die Gottheiten und ihre Bedeutungen und Funktionen sowie einen Bildband, der in leicht verständlichen, nun gut, eigentlich höllisch schwer verständlichen Schaubildern die wichtigsten Spielkonstellationen erläutert.

Dieser Beitrag wurde unter Blog veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permanentlink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.