Wie war es doch in Köln vordem…

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Wie sehr der 1. FC Köln in der Krise steckt zeigt die Tatsache, dass er nicht einmal mehr gegen Schalke gewinnen kann. Zuletzt war man dort so etwas wie der Angstgegner, jetzt reicht es gerade so zu einem Unentschieden. Der Effzeh und sein sehr besonderer Trainer Peter Stöger haben sich in dieser völlig verkorksten Saison menschlich gut geschlagen, auch wenn es beim Abschied geknirscht hat. Die Verletztenmisere erinnert an die Rückrunde 2014 des 1. FC Nürnberg unter Gertjan Verbeek. Irgendwann kann man nichts mehr machen. Es wäre natürlich stilvoller gewesen, wenn man mit Stöger in die Winterpause, bis ans Saisonende oder auch in die Zweite Liga gegangen wäre. Es gibt aber auch genug Beispiele dafür, dass derartige Treuegelübde kurz nach dem Beginn der Rückrunde oder der neuen Saison schleunigst revidiert wurden. Leicester City übrigens ist trotz der Entlassung von Claudio Ranieri immer noch erstklassig und immer noch ein geiler Verein.

Modernste sportmedizinische Erkenntnisse

Vielleicht können ja die Heinzelmännchen helfen. In dem Gedicht heißt es sachkundig:

Denn, war man faul – man legte sich
Hin auf die Bank und pflegte sich

War man faul ist die wegen des Versmaßes gewählte Formulierung für: war man gefoult worden. Nicht nur nach neuesten sportmedizinischen Erkenntnissen muss man sich dann pflegen. Und in dieser krisenhaften Zuspitzung kommen die Heinzelmännchen ins Spiel. Marek Heinz spielt im Moment beim SC Melk in der Landesliga West (Niederösterreich). Das mag sich provinziell anhören, aber im Kloster Melk wurde Der Name der Rose mit Sean Connery gedreht. Deshalb tragen alle Spieler des SC Melk das Trikot mit der Nummer 007 und sind deshalb auch für einen niederösterreichischen Niederligisten taktisch nur schwer auszurechnen. Heinz Linder spielt bei Grasshoppers Zürich, Heinz Mörschel bei Mainz 05 in der Zweiten Mannschaft und Alexander Heinze bei Alemannia Aachen. Viel Auswahl also für Dietmar Beiersdorfer, aber auch viel Arbeit.

Vereinigte Automatisierte Erklärbären

Natürlich entdecken die Vereinigten Automatisierten Erklärbären (VAE) die „knallharten Gesetze der Branche“ jetzt, bei der Entlassung von Stöger, nicht etwa bei der Entlassung von Ancelotti. In diesem Zusammenhang haben die Worte knallhart und Branche nichts verloren, Denn Bayern München ist eine große Familie. Was mich immer an den Satz aus Die amerikanische Nacht von François Truffaut denken lässt: „Die Atriden waren auch eine große Familie“. Dass an der Säbener Straße eher Perspektivlosigkeit bezüglich der Zukunft des Vereins herrscht, lässt sich durch die eifrig abgefeierte Rückkehr vom Juppi Heesters des Weltfußballs im Moment noch notdürftig kaschieren, auch wenn bei der Idee der Familienbetriebsnudel Hoeneß, Heynckes länger zu beschäftigen, kurz mal der alte Osram aufblitzte. Sollte es uns jedoch nicht allen zu denken geben, dass dem FCB ein unterschriftsreifer Vertrag von Universal Pictures vorliegt, um die Die Mumie kehrt zurück und alle weiteren Sequels in den nächsten fünf Jahren exklusiv auf den Trikots des Branchenführers (da taúcht die Branche doch noch auf) zu bewerben? Was sagt uns das über das Branding dieser Weltmarke? Alt, aber bezahlt. Vom Festgeldkonto, auf dem getreu den Regeln des italienischen Financial Fair Play demnächst 40 Mio für Douglas Costa eintrudeln werden. Nachdem die Geschicke des FCB und der CSU ursächlich miteinander verbunden sind und dort bald die Ära Söder anbricht, kann der Nachfolger von Heynckes eigentlich nur Lothar Matthäus heißen. Franken sind Menschen, die wo selten alleine kommen.

You’ll never blog alone

Es war sehr angenehm, den Samstag in München mit den anderen Bloggern zusammen zu bringen. Für den Umtrunk danach mußte ich leider passen, da war ich schon wieder auf dem Weg zurück nach Berlin, es gab längst vereinbarte Sonntagsarbeit zu verrichten.

Blogger probek ist zwar Bayern-Fan, ich muss das jetzt so hart formulieren, er zeigte mir aber nicht nur den Paulaner und das Straßenschild vom Kurt-Landauer-Weg, sondern kennt sich auch mit Kino sehr gut aus. Kurt Landauer war bis 1933 Präsident des FC Bayern, als Jude im KZ Dachau inhaftier und war nach der Befreiung weitere vier Jahre Präsident.  Probek, der Kaisergrantler, die eine Hälfte von soccr.de und das Fernglas FCB durften sich dann über eine Deutsche Meisterschaft und drei Müller-Tore freuen. Der frühere Müller, der Bomber der Nation war kurz vor Spielbeginn zu Besuch und ließ sich geduldig fotografieren. Wenn er tatsächlich alle achtzig Ehrenlogen besuchte, ist er vor diesem Spiel vermutlich mehr gelaufen als in den meisten Spielen seiner Karriere.

Die Clubberer, die andere Hälfte von soccr.de, die beiden Kollegen von Clubfans-united sowie agolnaihaua, was auf fränkisch so viel heißt wie „einen treffer erzielen“, versuchten angesichts von einem 0-3 in Hamburg nach nicht mal dreißig Minuten die Contenance zu wahren. Schlimmer als 1999 (Fjörtoft, Berger, Freiburg, Chronik einer angekündigten Abstiegsfeier) könne es nicht werden, da waren wir uns einig. Der Bochumer Kollege von 18:48 merkte äußerst listig an, dass das 3-1 von Fuchs in München ganz entscheidend werden könnte. Wohl wahr, der Club hat an einem Spieltag neun Tore gegenüber Hannover und 2 gegenüber Bochum verloren. Dem Gladbacher von Entscheidend is auf’mPlatz konnte man da auch keinen Vorwurf machen.

Obwohl meine Sympathie kein Geheimnis ist: Petric ist ein richtig geiler Spieler ist. Deshalb wird er von Hoffmanns Gardinenneu bestimmt Ende Juli auch wieder vertickt.

Währenddessen sahen die Herthaner von mauertaktik und Szenenapplaus auf einem der vierfach parallel bestückten Bildschirme das 1-1 von Kießling gegen den Hauptstadtverein, der damit endlich tschüssikowski sagen durfte. Die Durchhalteorgie der Berliner Medien war nicht auszuhalten. Seit Harald Juhnke ist ein Sterbenskranker nicht mehr so abgefeiert worden. Seit Weihnachten versprachen die Herthaner  mehrmals täglich „jetzt noch einmal alles zu geben“, und nichts, NICHTS ist passiert. Selbst gegen den Club haben sie sich zu blöde angestellt. Vielleicht sehen wir uns bald in der Zweiten Liga wieder, dann muss „Heimsieg“ an der Spree nicht mehr auf der Roten Liste ausgestorbener Wörter geführt werden. Es gibt ja den FSV Frankfurt, Osnabrück, Aachen.

Die beiden VfB-Fans von angedacht und Brustring erlebten einen Dämpfer ihrer in den letzten Wochen so großartig aufspielenden Schwabenpfeile. Wer nach so einer Hinrunde allerdings noch international spielt, dürfte nicht allzu geknickt sein.

Fein raus waren die Neutralen, die sich auf ihren Websites nicht sogleich als Fan eines bestimmten Vereins zu erkennen geben: Abenteuer Fußball war doppelt vertreten, mit Trainer Baade konnte ich ein paar freundliche Worte wechseln, von Stadion-Wurst hätte ich eigentlich eine Bewertung der leckeren Speisenfolge erwartet, ohne Wurst und außer Konkurrenz, genau so wie von den soccer-warriors, die ansonsten Fritten, Fußball und Bier bevorzugen. Meiner Aufmerksamkeit entging leider völlig der sportmedienblog, was auch daran liegt, dass die Autoren vor allem unter ihrem Blog, selten unter ihren Pseudonymen, so gut wie nie unter ihren echten Namen bekannt sind. Die korrekte erfolgte dann auch ähnlich wie bei Fahrenheit 451 von Truffaut: „Guten Tag, ich bin Stadionwurst.  – Sehr erfreut, mein Name ist Mauertatktik“.

Auf  der Tribüne twitterten und bloggten einige von uns um die Wette, hinten in der Lounge gab es das Spiel der Bayern noch einmal auf dem Bildschirm (tatsächlich 3-1), dazu Schalke – Bremen und auf besonderen Wunsch der mittelfränkischen Sado-Maso-Fraktion HSV-FCN. Und natürlich die Konferenz. Liga Total gibt einem die Möglichkeit, die Tabelle live einzublenden, außerdem gibt es einen Schnipsel-Ticker, das heißt, wenn man eigentlich gerade HSV-FCN schaut und dann im Ticker auf einen Eintrag anklickt, kriegt man gleich eine aktuelle Spielszene aus einem anderen Stadion zu sehen, das 4-0 von Hannover zum Beispiel. Nein, das Gerät ist nicht kaputt, es war tatsächlich Hanke. Außerdem kann man sich sein Spiel auf der Festplatte aufzeichnen, um seine Kinder später damit zu erschrecken, und noch am gleichen Tag auch die anderen Spiele in voller Länge sehen. Doppelflat für Surfen und Festnetz sind sind im Paket mit dabei, das mit Recorder bei etwa 50 Euro anfängt. Eigentlich gar nicht so kostenungünstig, allerdings gehe ich lieber in die Kneipe, sonst hinge ich nur vor der Glotze. Und 70 Fernsehsender brauche ich eigentlich auch nicht, 18 Vereine reichen völlig aus.

Insgesamt eine bunte Runde, nullkommanullgendergemainstreamt und sachkundig bis unters Blasen werfende Dach der Allianz Arena. Man sieht sich, man schreibt sich, man liest sich.