Bayern wieder taktisch unterlegen

Es wäre zu leicht, die Niederlage der Bayern gegen Gladbach an Neuers Fehler fest zu machen. In erster Linie war es eine kluge und leidenschaftliche Mannschaftsleistung der Gladbacher, die den Sieg in München brachte. Nach zehn Minuten fiel den Bayern nichts mehr ein, Gladbach war läuferisch besser und handlungsschneller, außerdem nahmen sie die Zweikämpfe an, manchmal etwas ruppig zwar, das brutalste Foul des Spiels aber kam aber von Schweinsteiger und blieb ungeahndet.

Apropos ungeahndetes Foul. Es ist schon merkwürdig, dass die Bayern die beiden  Spiele verloren haben, in denen es keine Fehlentscheidungen zu ihren Gunsten gegeben hat. Natürlich haben sie nicht jedes ihrer Spiele wegen einer Fehlentscheidung gewonnen, aber es gab einige, die auf der Kippe standen (zuletzt Hannover, Bremen), und bei denen Schiedsrichtergeschenke den Ausschlag gaben. Beim 1-4 in Wolfsburg und gestern gab es keine Großzügigkeiten des Referees, und am Ende gewann das taktisch klügere Team. Vermutlich wird Rummenige Guardiola demnächst zurechtweisen: Fußball ist kein Stierkampf.

Die Bilanz der Bayern gegen Wolfsburg, Gladbach und Schalke (Platz 2,3 und 5)  ist mit drei Unentschieden, zwei Niederlagen und einem Sieg äußerst durchwachsen und spricht nicht für ein grandioses Saisonfinale. Die Kantersiege gegen Paderborn und den unsäglichen HSV sind kein Maßstab, auffällig ist die große Abhängigkeit von Robben in dieser Saison. Der spielte tatäschlich häufig Weltklasse, aber sonst halt keiner.

Es kann schon sein, dass sie wieder Meister werden, Wolfsburg und Leverkusen haben zu viele Punkte liegen lassen, aber wer will schon acht Spieltage erleben, bei denen die Verfolger immer näher kommen und die Bayern ins Ziel wanken? Und ob es in der Champions League zu mehr reicht als zum Halbfinale, mals sehen. Auch in Donezk waren sie einfallslos, zuhause half ihnen dann ein Platzverweis nach drei Minuten in die Spur.

Apropos Champions League. Mit Jens Keller qualifizierte sich Schalke zweimal in Serie für diesen Wettbewerb. Dann wurde er entlassen. Unter Di Matteo muss die Mannschaft um die Europa League bangen. Vielleicht sollten Horst Heldt und Martin Bader auf die Fanfreundschaft zwischen dem Club und Schalke noch eine Managerfreundschaft setzen. Sie scheinen bei ihrer Personalpolitik Brüder im Geiste zu sein.

 

 

Saisonvorschau: Schöner lauern – Leverkusen und Schalke

Obwohl es in der letzten Saison nicht einmal für Vizekusen reichte, hat sich Leverkusen  heimlich still und leise zu einem bärenstarken Konkurrenten entwickelt. Ohne größeren Wackler spielte man sich in die direkte Teilnahme zur Champions League und brachte den Bayern die einzige Saisonniederlage bei. Son für Schürrle macht die Mannschaft noch konterstärker, Kießling ist in der Form seines Lebens. Nachdem bei Gomez der Bayern-Bonus weg ist, dürfte der Ex-Clubberer eine echte Chance bei Joachim Löw bekommen. Auch wenn hier ein Megasponsor den Rücken frei hält, ist Leverkusen mehr ein Freiburg de luxe – der Star ist die Mannschaft. Selbst Spitzenkönner wie Rolfes oder Leno ragen aus dem Team nicht heraus. Bei Bayer stimmt die Chemie. Und weil sie davon reichlich haben, sind spontane Mutationen auch keine Überraschung. Leverkusen scheint unter Hyppiä körpereigene Siegergene zu entwickeln. Könnte sein, dass es damit auch für ganz oben reicht.

Auch Schalke hat sich stabilisiert. Die Verpflichtung von Szalai kann ein ähnlicher Glücksgriff werden wie die von Mandzukic für die Bayern. Außerdem geht Königblau nach zwei Saisons mit permanentem Torwart-Drama mit einer klaren Nummer Eins in die Saison. Dass sie sich noch zieren, mit Hildebrand zu verlängern, weil sie zwei sehr gute Nachwuchskräfte in der Hinterhand haben, ist verständlich. Aber es ist richtig, den erfahrensten zur Nummer Eins zu machen. Hildebrand ist nicht nur international eine ganz andere Nummer, er kann auch eine Abwehr dirigieren. Der ungeliebte Jens Keller hat sich mittlerweile ein kleines Vertrauenspolster erarbeitet und erdet den Schalker Überschwang auf verschmitzte Weise. Wer auf Schalke Trainer ist, muss verstehen, dass diese Fans ihre Mannschaft mehr lieben als alle anderen in Deutschland ihren jeweiligen Verein. Dass 100000 zum Abschiedsspiel von Raul kommen, ist mit ruhrpöttischer Herzlichkeit nicht mehr zu erklären, das geht mehr in die Richtung Maradona und Neapel. Raul wurde ja nicht vorgestellt, sondern verabschiedet. Magath und Heynckes waren von dieser Zuneigung überfordert, Keller hat sie begriffen, ohne deswegen zum Populisten zu werden. Schalke als Meister, das ist noch peinlicher als Prognose als Leverkusen als Meister, aber die ersten vier können im nächsten Mai auch in umgekehrter Reihenfolge oben stehen. 25 Punkte sind Schnee von gestern.

Fischkopf mit Trauerrand

Um die Bremer muss man sich langsam wirklich Sorgen machen. Dass sie gegen eine technisch versierte, gut eingespielte, taktisch hochintelligente Mannschaft, die mit hervorragenden Einzelspielern nur so gespickt ist, zu Hause verlieren, das kann ja mal passieren. Aber dass sie es dann auch noch gegen Enschede versemmeln, kurz nachdem der Club drei Punkte entführte, das ist schon eine ganz fette „pad“, wie Kröte im Niederländischen heißt, die sie da schlucken mußten. Wobei pad süßsauer ja so ähnlich schmecken soll wie Matjes. Alles Gewohnheitssache.

Sollte Werder an diesem Wochenende auch in Stuttgart verlieren, treten natürlich wieder die auf den Plan, die erst sagen a) Schaaf sei verbraucht und dann, sollte er entlassen werden, hinzufügen, das seien b) die üblichen Gesetze der Branche. Der Medienbranche, müßte das ganz genau heißen. Schaaf wird ebenso wie Allofs hoffentlich noch viele Jahre weiterarbeiten.

Nachdem die Bremer in der letzten, auch schon als völlig verkorkst ausgerufenen Saison, immerhin noch in die CL-Quali und bis ins DFB-Pokal-Endspiel brachten, werden die Erfolge dieses Jahr äußerst überschaubar bleiben. Gründe dafür gibt es einige. Naldo fehlt in der traditionellen Wackelabwehr besonders schmerzlich, ebenso wie der zuletzt wieder präziser spielende Fritz. Die nicht mehr ganz jungen Nachwuchshoffnungen Hunt und Bargfrede sind zu schwankend in ihren Leistungen, auch Mertesacker schwächelt nach der WM. Marin ist zu sehr Dribbler und Frings, defensiv hervorragend, zu langsam, um regelmäßig ein Spiel zu machen. Arnautovic ist sicherlich ein Spieler mit großen Talenten, aber so einen Querkopf perfekt einzubauen, braucht eine funktionierende Mannschaft. Man könnte sich mal überlegen, ob es sinnvoll ist, aus der ganzen Welt die Problemkinder des Fußballsports nach Bremen zu holen, um dort im gesunden Reizklima einer Hansestadt ihre Persönlichkeit weiter zu entwickeln.

Nachdem die Abwehr noch nie das Prunkstück war, tut es jetzt doppelt weh, wenn dauernd Großchancen versemmelt werden, mal von Almeida, mal von Arnautovic, mal vom vor dem Tor überhasteten Marin. Nur Pizarro ist da sehr zuverlässig. Die Bremer könnten jetzt die Gunst der Stunde nutzen und in aller Ruhe eine vernünftige Defensive aufbauen. Mit ihrem schönen Offensivspiel ist dieses Jahr eh nichts mehr zu gewinnen. Als erstes sollten sie einen soliden Linksverteidiger finden. Eichner wär in der Winterpause wohl zu haben und würde als mannschaftsdienlicher, bodenständiger Typ sehr gut in das wetterfeste Profil der Bremer passen. Auch Madlung kann wesentlich mehr, als ihm sein jetziger Verein augenscheinlich zutraut. Im Gegensatz zu Mertesacker ist er außerdem äußerst torgefährlich für einen Innenverteidiger. Einen zweiten sehr guten Sechser fände man vielleicht in Leverkusen. Die haben auf der Position ein deutliches Überangebot.

Für Stuttgart könnte es trotz der Schierigkeiten reichen. Die scheinen mir noch nicht wirklich stabil mit dem neuen Trainer Keller. Die Europa League sollte da nicht blenden.