Der Riesenzwerg aus Gelsenkirchen

So richtig vom Hocker hauen einen diese Schalker nicht in dieser Saison. Jetzt haben sie schon ihr drittes Spiel gegen eine Spitzenmannschaft sang- und klanglos verloren. BVB 1-3, Chelsea 0-3, Bayern 0-4, alles zuhause. Das ist schon extrem mickrig. Sie haben zwar nicht den Anspruch erhoben, gegen diese Mannschaften zu gewinnen, aber es ist nicht verboten, seine gesetzten Ziele auch mal zu übertreffen. Oder wenigstens so zu verlieren, dass man sich als sympathisierender Clubberer nicht fremdschämen muss.

Zugegeben, es gibt zu viele Verletzte. Obwohl Szalai eingeschlagen hat, fehlt der erste Sturm mit Huntelaar und Farbfan an allen Ecken und Enden. The Athlete Fashionably Known As Prince ist zwar einer der spannendsten Transfers des Sommers, muss sich aber erst zurecht finden. Ihn Mittelstürmer spielen zu lassen, ist eine Idee, die von Michael Skibbe stammen könnte. Wenn Boateng nicht laufen kann, soll er nicht spielen. Wer braucht halbfitte Spieler?  Draxler leidet an einem schweren Fall von morbus ricken. Zur Führungsperson ausgerufen, durchwachsenen Start gehabt, tendenziell dauergestresst. Wobei Ricken nach seiner Sahnesaison völlig neben sich stand und Draxler schon einige richtig gute Momente hatte. Jetzt kann man ihn natürlich nicht einfach wieder zum Supertalent downgraden. An Papadopolous erinnert sich kaun noch jemand, so lange ist er schon weg.

Trotzdem werden die Schalker die Gruppenphase der Champions League überstehen und um Platz vier mitspielen. Im Feld der Verfolger eine dicke Nummer, für die Großen Drei und die Spitze Europas im Moment zwei Nummern zu klein.

Vielleicht sollte man langfristig über einen Trainer nachdenken, der weniger wurschtig wirkt als Keller, der der Mannschaft ihre Halbherzigkeit und das schlampige Passspiel austreibt. Wie wäre es mit Morten Olsen im Verbund mit Ebbe Sand zum Beispiel? Dänemark hat die WM-Quali verpasst, Olsen wird nächstes Jahr 65 und kommt gemessen an Rehhagel, Aragones, Heynckes und Rudi Gutendorf erst in einigen Jahren ins beste Traineralter.

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Saisonvorschau: Rot-Grün will nach oben – Wolfsburg, Stuttgart, Mainz, Bremen

Mit Klaus Allofs und Dieter Hecking hat Wolfsburg eines der besten Manager-Trainer-Teams der Liga. Nach den Magath-Jahren mit wilden Transfers kreuz und quer über den Globus gibt es mit Arnold endlich mal einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, der in eine tragende Rolle hineinwachsen könnte. Ob das eine Ausnahme ist oder der erste Schritt zu einer langfristigen Jugendarbeit muss man sehen. Dabei hat der Verein immer noch genügend Geld, um mit den Bayern über Luiz Gustavo zu verhandeln. Diego, Olic, Naldo, Dost, das sind alles Spieler, die im letzten Jahr nicht annähernd ihre Möglichkeiten abgerufen haben.  Hecking hat eine klare Spielidee und in Wolfsburg für deren Umsetzung ganz andere Möglichkeiten als in Nürnberg oder Hannover. Mit Wolfsburg ist in jeder Hinsicht wieder zu rechnen, auch wenn sie den Coup von 2009  nicht wiederholen werden können. Die Wölfe werden sich verbessern, zwischen Platz 4 und 9 ist alles möglich.

Heimlich,still und leise geht der konsequente Umbau in Stuttgart voran. Neues Präsidium, neues Stadion, neue Spieler. Das Duo Bobic/Labbadia hat sich gefunden und arbeitet sehr zielstrebig und unaufgeregt weiter. Mit dieser Saison kommen neue Nachwuchsspieler (Rüdiger, Khedira II) in die erste Mannschaft, ebenso wie kluge Neuverpflichtungen (Schwaab, Rausch, Abdellaoue) und langzeitverletzte Rückkehrer (Cacau, Tasci). Mit Ulreich, Gentner und Ibisevic haben die Schwaben eine eingespielte Achse. Labbadia ist extrem ehrgeizig und hat sich den Respekt der Fans Stück für Stück erarbeitet. Auch der VfB hat gute Chancen, einige Plätze weiter oben zu landen als im Vorjahr. Daran wird auch eine mögliche Zusatzbelastung durch die Europa League nichts ändern.

Mainz hat mit Thomas Tuchels Entscheidung für Heinz Müller die wichtigste Baustelle im neuen Kader geklärt. Nicht nur deswegen werden die 05er wieder wesentlich unangenehmer zu spielen sein als in der letzten Halbserie, als man mit 16 Punkten nur den 15. Platz der Rückrundentabelle erreichte.  Bis auf Dortmund gibt es keine andere Mannschaft, die die Spielvorstellung des Trainers so verinnerlicht hat wie Mainz. Den Abgang von Szalai wird die Mannschaft durch ihre Geschlossenheit kompensieren und vielen Gegnern gehörig auf die Nerven gehen – nicht durch Beton, sondern spielerisch ausgereiftes Gegenpressing. Ein einstelliger Tabellenplatz ist drin.

Es gibt ja aufregendere Beschäftigungen, als sich Vorbereitungsspiele im Fernsehen anzusehen. Aber als ich vor ein paar Wochen Bremen gegen 1860 München (1-1) sah, war ich mir sicher, dass Bremen wieder tief unten drin stehen wird. Könnte sein, dass es diesmal nicht mehr reicht. Es war nicht nur die Art wie sie gegen die Bayerischen Löwen spielten (gibt jetzt ja auch wieder Löwen in Niedersachsen)  – zerfahren, nicht mal ansatzweise als Team, nach dem Auslgeich der Sechzger geradezu wurschtig bis auf Mielitz – die permanente Schönrednerei von Dutt und Eichin ist erstaunlich. Freiburg spielt auch mehr als durchwachsen im Moment, aber Streich ist zu einer realistischen Einschätzung in der Lage. In Bremen haben alle das Wort Aufbruch in den Mund genommen – und der Lackaffe vom Dienst, Arnautovic, hat Thomas Schaaf noch hinterher getreten. Dass er glaubt, mit seinen bisherigen Leistungen für Manchester United interessant zu sein, personifiziert des Bremer Dilemma. Jetzt war es im Pokal genau so mies und nichtssagend wie in den Jahren zuvor. Mich erinnert diese Saisonvorbereitung an den Katastrophenauftritt von Michael Skibbe zu Beginn der vorletzten Rückrunde bei Hertha, der seine Mannschaft so sehr lobte, dass er nach fünf Niederlagen in Serie wieder gehen durfte. Nach den jetzigen Eindrücken ist Bremen Abstiegskandidat Nummer Eins.

 

 

 

Doof wie Hertha

Im Moment übertrifft Hertha sich selbst. Erst die Entlassung von Babbel. Der beste Trainer seit Röber musste gehen. Und warum? Weil er keinen Bock auf das übliche Gelaber – wir haben die besten Fans, Berlin ist die tollste Stadt – hatte. Weil der gebürtige Münchner, der mit dem FC Bayern ungefähr achtmal Deutscher Meister wurde, zu seiner Heimatstadt steht, wurde er in Berlin alsbald als Schnösel und Vaterlandsverräter hingestellt, und irgendwann sah der Verein dann Handlungsbedarf.

Als nächstes die Verpflichtung von Skibbe. Es gab keinen Hertha-Fan, mit dem ich in der Winterpause gesprochen habe, der nicht felsenfest der Meinung war, dass Skibbe den Abstieg bedeutet. Und fünf Niederlagen in Folge danach sind die schlimmsten Erwartungen wahr geworden.

Vergangenen Mittwoch dann die dämliche Pokalpleite. Soll er doch wegbleiben, der Hubnik. Soll sich ihm der Kraft doch in den Weg stellen. Diese Rote Karte war vollkommen berechtigt und wird hoffentlich Schule machen. Lieb gemeinte Kopfstöße gibt es nicht. Und von wegen Schauspieler de Camargo. Das theatralische Sich-Fallen-Lassen ist immer noch besser als ein Revanchefoul. Irgendwo muss er ja auch hin mit seiner Aggression.

Gestern die Rolle rückwärts. Skibbi, das Buschkänguru ist mit leerem Beutel weitergehopst. Und der Erste Sekretär, Genosse Preetz, erklärt: Genossen, ich habe Fehler gemacht. Tretschok könnte sich als richtig guter Griff erweisen, um in der Zweiten Liga von neuem aufzubauen. Endlich mal eine Personalentscheidung mit Weitsicht.