Lassen Sie uns über Geld reden

5,1 Milliarden hat der Profifußball Wert geschöpft in der Saison 2007/2008 und 1,7 Milliarden an Steuern und Abgaben bezahlt. So schreibt der kicker in seiner Ausgabe vom gestrigen Donnerstag, und die DFL präsentiert die McKinsey-Studie gut getimed auf ihrer Website. Das sind gewaltige Summen. Die Idee, die Vereine sollten für die Polizeieinsätze extra bezahlen, wirkt da plötzlich kleinkariert. Wahrscheinlich geht es den kommunalen Polizeipräsidenten und Innenverwaltungen auch nicht so sehr ums Geld, es ist wohl eher das Gefühl, allein gelassen worden zu sein, als in den letzten Jahren die gewalttätigen Zwischenfälle und Ausschreitungen deutlich zunahmen. Der DFB feierte sein Sommermärchen, die Liga stellte jedes Jahr einen neuen Zuschauerrekord auf, und nebenbei wurden die Polizeieinsätze bei Fußballspielen zunehmend gefährlicher. Wahrscheinlich liegt es aktuell auch am Krisenspieltag 1. Mai mit Neonaziaufmarsch und Gegendemo in Berlin sowie Maifest in Kreuzberg, zusammen mit endlich wieder mal neun Spielen amSamstag wie einst im…

Vielleicht könnten die 54 Profivereine ja eine Stiftung einrichten, die es ermöglicht, deeskalierende Fanarbeit bis hinunter in Liga sechs zu finanzieren, dort, wo keine Fernsehkameras stehen und wo nach Herzenslust geprügelt und gepöbelt wird, wo Fußball kein Standortfaktor ist, sondern Frustventil, Vorwand fürs Saufen, Kalte Heimat, der kulturelle Höhepunkt der Woche. Was würde es wohl kosten, 100 hauptamtliche Fanbeauftragte für die Ligen vier bis sechs (mit) zu finanzieren? 5 Millionen Euro? Das sind 840000 FCN-Schweißband-Sets auf Wunsch auch in der Angstschweiß-Rekordabsteiger-Edition erhältlich, 386000 Geldbörsen Lady „weiß-grün“ frisch aus dem Werder-Fanshop für die sparsame hanseatische Hausfrau, 167000 Schulrucksäcke vom FC Schalke 04 für die neuen Neuers oder  50000 Hertha-Herren-Chronographen mit einer programmierbaren Weckfunktion für den Wiederaufstieg 2017. Also eigentlich Peanuts. Die Vereine hätten gegenüber den meist männlichen Haudraufs eine wesentlich höhere Überzeugungskraft als die Polizisten. Denn auch wer gerne mal in der Oberliga eine Runde kloppen geht, hat doch meist ein Herz für einen höherklassigen Verein. Wer sieht, wie es in England vor 25 Jahren war und wie es jetzt in Italien ist, sollte für gepflegte Fankultur bis in die entlegensten Winkel auch etwas investieren. Dann können Polizisten sich in Ruhe das Spiel ansehen, anstatt im Kampfanzug Spalier stehen zu müssen.

Außerdem untersucht der kicker in der gleichen Ausgabe, was im Falle eines Abstiegs bei den fünf heißesten Kandidaten finanziell passieren wird. Freiburg hat jetzt den kleinsten Etat, danach kommt Nürnberg. Gestaunt habe ich, dass Bochum immerhin 37 Millionen ausgeben durfte, fast doppelt so viel wie Nürnberg. Klingt eher nach Blaufuchs als nach Grauer Maus. Hertha hat sage und schreibe 78 Millionen in dieser Höllensaison verbraten. Die Berliner müßten um 40 Prozent abspecken und hätten in der Zweiten Liga mit 30 Millionen immer noch mehr zur Verfügung als Nürnberg und Freiburg zusammen. Höchste Zeit, ein paar Chronometer zu verkaufen.

„Ich bin Hauptkommissar Pachulke von der Mordkommission.“ – „Na und, meinste vielleicht, ich mache mir deswegen ins Hemd. Komm zeig mal, was du drauf hast. 25. Mai 1968, MSV gegen Bayern. Hör ich was von dir, du Rotzlöffel?“ – „Drei zu Drei“, sagte Pachulke und näherte sich langsam dem Schreibtisch. „Blindes Huhn legt auch mal’n Ei. Das war Glück.“ Bert Roth spie in seinen Spucknapf. (Rob Alef, Das magische Jahr, 2008)