Hansa Rostock olé – einmal wird es soweit sein

Ziemlich sang- und klanglos ist Hansa Rostock zu meinem großen Bedauern in die Dritte Liga abgestiegen. Zuletzt prägten Fanausschreitungen im eigenen und in fremden Stadien das Bild, in Erinnerung bleiben viele tolle Spiele und viele herausragende Spieler. Barbarez, Neuville, Rehmer, Beinlich, Baumgart, die waren alle mal bei Rostock. Im ersten Jahr gab es Leute beim letzten Meister der DDR, die hießen Bräutigam, Babendererde und Juri Schlünz, und ihre Namen klangen so exotisch und verheißungsvoll wie Grafite, Yeboah oder Cacau. Warum die einstmals stolze Hansa-Kogge derartig abgesoffen ist, entzieht sich meiner näheren Kenntnis. Irgendwann hatte sich offenbar sogar der Retter vom Dienst Zachhuber verbraucht. Und es gab leider kein sportliches Konzept, was zum Geldbeutel gepaßt hätte. Aber da müssense jetzt durch, sich zusammenraufen, die pyromanisch-depressiven Zündelfrieder auf Zimmertemperatur runterkühlen und dann wieder aufsteigen. Hoffentlich heißt es demnächst nicht: Eintracht Braunschweig auf Lee, jetzt heißt es auf Gott vertrauen.

Auch der HSV ist jetzt ein Depp

Letztes Jahr war es noch eine Papierkugel, dieses Jahr gab es keine Ausreden mehr. Irgendwie freut mich das für Labbadia. Es war alles so einfach: Erreicht die Mannschaft nicht mehr – Tischtuch zerschnitten – Entlassung alternativlos, und dann bitteschön, hopphopp, Finaleinzug. Gestern gaben die Spieler trotz optimaler und einfühlsamer Ansprache durch den fußballbesessenen Moniz ihre gute Ausgangssituation binnen fünf Minuten aus der Hand.

Schade, dass der Sky-Moderator seinen Experten Stefan Effenberg nicht fragte, wie das so ist, gegen ein englisches Team plötzlich alles zu verlieren. Fulham brauchte immerhin doppelt so lange wie Manchester, und wieder einmal zeigte sich, dass es nicht immer sinnvoll ist, auf Defensive zu setzen, um einen Vorsprung nach Hause zu bringen. Wenn Guerrero beim Stand von 1-0 gekommen wäre, wie wäre es dann wohl weitergegangen? Der HSV spielte seine beiden Konterchancen vor dem 1-1 fahrig und fahrlässig zu Ende, das machte den Unterschied zu den Bayern vom Dienstag, die das 2-0 genauso wichtig nahmen wie das 1-0.

Was passiert jetzt mit den mehrfach Gescheiterten? Will Löw sich diesen HSV wirklich antun? Wird Hoffmann weggeputscht? Was sagen Seeler und Barbarez? Und wie will man sich der runerneuerten, bärenstarken Konkurrenz vom Millerntor erwehren? Der Bundesliga-Dino hat sich bis auf die Knochen blamiert. Schade, schade.

Hertha und der HSV – Alte Dame trifft Dino

So langsam finde ich Gefallen an dem Verein der wie ein Dampfer heißt. Das liegt nicht nur an Spielern wie Friedrich, der mit seiner Vertragsverlängerung eindrucksvoll meine Theorie des Authochthonen unterstützt. Einen besseren Käptn hatte Hertha seit Michael Preetz nicht mehr. Auch ein Zeichen dafür, dass es langfristig besser wird mit der alten Dame. Jetzt hat Friedrich mit Simunic zusammen in Babelsberg sogar ein paar als Hertha-Fans kostümierte Rassisten zur Ordnung gerufen. Schade, dass der Rassismus in den Stadien nach wie vor klein geredet wird. Da ist dann meist von „ein paar Idioten“ die Rede. Als ob die „Urwaldrufe“ und der Antisemitismus nicht ihren festen Platz im Schmähprogramm haben. Früher, bei Hertha gegen St. Pauli, da grüßten die Berliner stets mit „Arbeitslose, Arbeitslose“, was in der Paulikurve mit „Steuerzahler, Steuerzahler“ quittiert wurde. In der Krise gibt es keinen Platz mehr für solches Brauchtum. Soll man die Fans der Frankfurter Eintracht als „Bankrotteure, Bankrotteure“ beschimpfen, nur weil ihr Stadion nach einem Geldinstitut heißt? Und darf die Erwiderung lauten: „Eure Armut kotzt uns ans.“? Bei Barcelona wohl eher: „Eure Anmut macht uns an.“ Herthas bester Mann ist Lucien Favre. Er ist kein Ballokrat wie Sammer oder Löw, kommt nicht aus dem Bild-und-Bayern-Sumpf wie Klinsmann oder Hitzfeld, ist nicht telephil wie Klopp oder Meyer, lacht bei dummen Journalistenfragen manchmal einfach los, was ein geradezu zidanehaftes Lächeln auf sein superseriöses Gesicht zaubert. Er hat dafür gesorgt, dass La Marco, die Diva aller Strafraumdiven so klein mit Haarband über den Platz trabt. Wem das gelingt, der kann auch Meister werden.

Kürzlich wurde der HSV als „ewiger Ausbildungsverein“ tituliert. Seit der Saison mit den fünf B – Barbarez, Beinlich, Bouhlarouz und van Buyten gingen, der Beinaheabstieg kam – hat sich die Transferpolitik der Hamburger merklich verbessert. Der Abgang von de Jong wird sich nicht weiter negativ auswirken. Mit Jarolim haben sie einen sehr guten Defensivmann, Jol arbeitet unablässig am Einbau neuer großer Talente (Aogo, Guerrero). Mit dem Tausch Petric gegen Zidan ist dem HSV der Coup des Jahres gelungen. Ausbilden muss man einen Spieler, der auf Anhieb wichtige Tore am Fließband schießt, nicht mehr, nur taktisch einbinden. Und dann für das Zehnfache verkaufen. Warum Olic zu den Bayern geht, ist mir absolut schleierhaft. Nachdem Ribéry die zweite Reihe auf der ganzen Breite des Platzes für sich beansprucht, würde ein hängender Stürmer ihm nur auf den Füßen stehen. Der HSV hat sich klugerweise offiziell kein Zeitlimit gesetzt für das Erreichen höchster Weihen. Die sportliche Führung ist gerade beeindruckend bestätigt worden. Ich finde, die basisdemokratischen Ansätze wie bei Fortuna Köln sehr interessant sind, aber ausgerechnet dem BL-Gründungsmitglied schlechtes Management vorzuwerfen, wirkt ein wenig übertrieben. So viel kann man beim HSV nicht falsch gemacht haben.

Pokalgeflüster: +++ bis auf Hoffenheim, Dortmund und Hertha sind die ersten acht der Liga unter sich +++ Wetten, dass das ZDF Bayern gegen Wehen überträgt, „damit sich auch einmal ein Zweitligist vor großem Fernsehpublikum präsentieren kann.“ +++ Leverkusen und Bremen bärenstark, auch die Schalker besser als ihre Presse während der Winterpause +++