Wer ewig strebend sich bemüht…

Das war der perfekte Abend: Nürnberg mit der besten Leistung seit dem Pokalendspiel gegen Stuttgart und der deutlichsten Dominanz seit dem 4-0 im damaligen Halbfinale gegen Frankfurt. Wenn der Club etwas gelernt hat in den letzten Jahren, dann ist es, in den engen Spielen voll da zu sein. Das zeigte sich selbst in der völlig missratenen Abstiegssaison im UEFA-Cup: gegen St. Petersburg (die Bayern 4-0 zerlegten) ein 2-2 in den letzten Minuten ertrotzt, im letzten Gruppenspiel gegen Alkmaar das Weiterkommen gesichert, gegen Benfica ca. 10 Minuten lang eine Runde weiter. Dass es auch in der Liga nicht reichte, lag nicht zuletzt daran, dass Schäfer in dieser Saison gefehlt hat. In gewisser Weise ist Schäfer sogar wichtiger als Köpke. Zu Köpkes Zeiten war die Mannschaft meistens so schlecht, dass ein Abstiegskandidat halt zufällig den besten Torwart (der Liga? Europas?) hatte. Heute macht Schäfer (nicht allein) den Unterschied zwischen einem Abstiegskandidaten und einer Mannschaft, die es auch auf die ersten sechs Plätze in Liga eins schaffen kann.

Gestern war Schäfer wieder einmal einer der Garanten für einen deutlichen Sieg, die beiden Großchancen hätte Andywinggamool nicht besser entschärfen können. Der Club war von der ersten Sekunde an wach, giftig und entschlossen. Er spielte wie die Heimmannschaft, Cottbus konterte im eigenen Stadion, nicht ungefährlich.

Einer der freudigen Aspekte: Isaac Boakye war der Matchwinner. Der alte Eintracht-Fan J.W. Goethe prägte für Spieler wie Boakye die Sentenz: Wer ewig strebend sich bemüht, den können wir erlösen. Und der immens fleißige und immens torungefährliche (vgl. Frühlingstraining am Valznerweiher) Boakye wurde erlöst. Diesmal war er nicht nur der Zuarbeiter, Ballverteiler, Zweikämpfer, diesmal traf er zweimal, einmal mit etwas Glück, einmal nach einem Xavi-Paß von Mintal zum 3-0. In diesem Spiel war auch zu sehen, wie technisch stark er ist, kaum vom Ball zu trennen dreht er geduldig seine Kreise bis er die Lücke findet.

In meiner Szene des Spiels spielte das Phantom die Hauptrolle. Mitte der ersten Halbzeit hatte Cottbus sechs Ecken in drei Minuten,  die ersten zwei von rechts köpfte Mintal am eigenen Fünf-Meter-Raum ins Aus. Wie  Gandalf auf der Brücke von Khazad-Dum stand er da, und schrie dem Lausitzer Balrog entgegen: Du.kannst.nicht.vorbei!! Die Art und Weise wie die Nürnberger im Strafraumbereich die Bälle ins Aus beförderten, zeigte das ausgeprägte Selbstbewußtsein in der Defensive. Sie spielten weder auf Eckball- noch Einwurfvermeidung, weil sie wußten, dass sie in ihrer Grundformation abolut zuverlässig stehen. Wenn Andygrädschamool Wolf in der nächsten Saison zurück ist, sollte diese Abwehr die Basis für den Klassenerhalt bilden. Ein Stürmer wäre noch ganz gut. Oder Kluge lernt, wie man Tore schießt.

Wobei, ein Balrog, das ist jetzt eigentlich übetrieben. Ich mag Cottbus. Es ist die tragische Seite dieses Duells, dass Energie der Gegner war.  Aber man darf nicht wählerisch sein in der Relegation. Dass den Cottbussern im Spielbericht von Claudio Catuogno in der Süddeutschen jetzt auch noch interhergetreten wird, ist überflüssig. Er beschimpft die Lausitzer im besten Sportteil der Republik tatäschlich als „Söldnertruppe“. Diese Balkanesen nehmen Geld? Die sollten sich was schämen. Wahrscheinlich meinte er den fränkischen Exoten Timo Rost, der nach sieben Jahren im Verein jetzt Käptn ist. Vragel da Silva ist seit 2001 im Verein, Pipilica seit 1998. Kukielka, Tremmel und Ziebig kamen 2006, genauso wie Munteanu und Radu, die sinnloserweise ein Jahr später von Wolfsburg gekauft wurden. Altmittelfeldgenie Miriuta ist seit Jahren Scout, Ede Geyer saß gestern auf der Tribüne.  Eben Söldner durch und durch.

Cottbus stand in der zweiten Halbzeit neben sich, hatte aber auch Pech. Es stimmt nicht, wie Catuogno behauptet:  „Boakye drischt den Ball dem Cottbuser Verteidiger Ivan Radeljic gegen den Rücken…“ Es war ein präziser Schlenzer mit Effet aufs lange Eck, der durch den kreuzenden Radeljic unhaltbar und unglücklich abgefälscht wurde.  Eventuell hätte Cottbus Anfang der zweiten Halbzeit einen Elfmeter kriegen können, nach dem 2-0 hatte Skela noch die große Chance zum Anschlußtreffer. Auch wenn Kluge warnt und keiner der Spieler leichtfertig an die Aufgabe herangeht, ich denke nicht, dass Cottbus das noch dreht. Dafür ist der Club zu heimstark und präsent im Moment. Freuen wir uns also auf den Sonntag. Und warten wir mit der Aufstiegsfeier bis 17.20.

Glück auf Energie! Auch wenn es nur Tagebau ist. Wer Rekordaufsteiger werden will, der muss auch ab und zu hinunter ins „Schattenreich“ (Gandalf a.a.O.).

Die Wahrheit über Charlie Brown (2)

Sie erinnern sich: Baseball, die geheimnisvolle Schönheit unter den Ballsportarten. Gehen Sie zurück zum 2. September, wenn Sie noch gar nichts wissen. Ansonsten geht es heute um die Defensive. Zu den großen Mysterien des Baseball, die schnell deutlich machen, über welche philosophische Tiefe dieser Sport verfügt, gehört die Tatsache, dass die verteidigende Mannschaft zunächst im Ballbesitz ist. Ihre Aufgabe ist es zu verhindern, dass der angreifenden, oder sagen wir besser der Mannschaft, die im aktuellen Spielabschnitt die Chance hat, zu punkten, kein Homerun gelingt. Ein Homerun zählt einen Punkt. Die Verteidiger stehen auf das ganze Feld verteilt, der Catcher an der Homebase, die anderen Basemen an ihren Bases, die Outfielder im Outfield. Outfielder sind die Leute, die unsterblich berühmt werden, wenn es ihnen gelingt, einen Ball der das Stadion bereits verlassen hat, noch zu erwischen, indem sie besonders hoch springen und sich mit dem Fangarm weit nach hinten lehnen. Manch Outfielder ist dabei schon über den Zaun gepurzelt. Mittlerweile gibt es am Ende des Outfields, ca. 100 – 120 Meter weg von der Homebase, fette Knautschkissen, damit das kostbare Humankapital nicht nach jedem spektakulären Rettungsversuch monatelang ausfällt.

Im Infield, da wo sich der Diamant (die Raute) mit den vier Bases als Eckpunkten befindet, gibt es noch einen Spieler, den Shortstop. Sehr allgemein kann man die Funktion des Shortstop mit der Funktion des Doppelsechsers beim Fußball vergleichen. So um die Second Base herum ist immer besonders viel Betrieb im Spiel, soweit das beim eher kontemplativ strukturierten Baseball möglich ist. Da freut sich der Second Baseman, wenn ihm jemand ein bißchen hilft. Bei den Peanuts spielt Snoopy meistens Shortstop, wobei echte Peanutsianer auch andere Kinder aus der Gang kennen, die diese Position gespielt haben. Wenn Snoopy keine Lust auf Baseball hat, fängt er als Shortstop zwar den Ball, sabbert ihn aber so ab dabei, dass jedem anderen die Lust am Spiel vergangen ist.

[Kleiner familienpolitischer Abschweif: Ist jemand schon mal aufgefallen, dass die Generation Peanuts ihre Freizeit zusammen mit vielen anderen Kindern verbringt, das arme Einzelkind Calvin immer nur seinen Stofftiger Hobbes hat? Ende des familienpolitischen Abschweifs.]

Wichtigster Spieler in der verteidigenden Mannschaft ist der Pitcher. Man könnte ihn auch als Werfer bezeichnen, aber krampfige Germanizismen haben beim Baseball nichts verloren. Der Pitcher versucht den Ball so zum Catcher zu werfen, dass der Spieler der Angreifer, der gerade mit dem Schlagen dran ist, keine Chance hat, an den Ball zu kommen. Dazu pitcht der Pitcher Curveballs (ungefähr so etwas wie eine Bananenflanke), Slideballs (Flatterbälle) und Fastballs, die bis zu 170 km/h schnell werden können, obwohl sie natürlich in mph (miles per hour) gemessen werden.

Bei den Peanuts ist Charlie Brown der Pitcher. Beim Pitchen steht er auf einem kleinen Hügel, dem Pitcher’s Mound. Zugleich ist Charlie Brown auch der Manager seines Teams. Er hat die beiden wichtigsten Positionen inne und scheitert zumeist grandios. Stellen Sie sich eine Kreuzung aus Peter Neururer und Tomislav Piplica als Spielertrainer vor. So ähnlich ist Charlie Browns Funktion beim Baseball.

Damit das nicht nur theoretisch bleibt, wenden wir uns wieder dem aktuellen Sportgeschehen zu. Langsam geht die Baseballsaison in den USA in die entscheidende Phase. Es gibt die American League und die National League, in jeder gibt es drei Divisionen (East, Central, West). Warum das so ist, hat mit der Gechichte zu tun. Baseball ist der Sport, der am längsten in professionellen Ligen in den USA gespielt wird. Ganz früher waren das mal zwei Ligen. Die Spitzenreiter der drei Divisionen spielen zusammen mit einem Wildcard Team (dem punktbesten Zweiten aller drei Divisionen) den Sieger der League aus. Die Sieger der beiden Leagues spielen dann die World Series. In der American League heißen die ersten der drei Divisions im Moment New York Yankees (East), Detroit Tigers (Central) und die Oakland A’s (West). A steht für Athletics. Wild Card Team ist im Moment Minnesota.

In der National League sind es die New York Mets (East), der Lokalrivale der Übermannschaft Yankees. In der Central Division ist es St. Louis, im Westen sind es die Los Angeles Dodgers. Wild Card Team sind die San Diego Padres. Die Dogders waren früher die Brooklyn Dodgers und wurden dann nach LA verkauft. In dem etwas heimeligseligen Film “Blue in the Face” von Paul Auster spielt die Dogders-Geschichte eine wichtige Rolle.

Regelmäßige Informationen über MLB (Major League Baseball) aud deutsch finden sich auf dem sehr unterhaltsamen Sportblog “American Arena“ von Jürgen Kalwa.