Morgen in zwei Monaten beginnt die WM, in den nächsten Wochen fallen die Entscheidungen in den nationalen und internationalen Ligen. Zeit, die (An)schlagzahl zu erhöhen . Deshalb, nach längeren Pausen und nur gelegentlichen Bemerkungen an dieser Stelle, ab heute bis zum 12. Juli wieder täglich „Volk ohne Raumdeckung“. Außerdem werde ich Werbung für meine bisherigen drei Romane und andere Texte machen. Möglicherweise hat der tägliche Besucherstrom ja Interesse an dreidimensionalen Publikationsformen und braucht noch etwas Reiselektüre für den langen Flug gen Süden. Es soll sogar Nerds geben, die in einem Buch blättern, weil der Arzt ihnen Bewegung verordnet hat.
Die wichtigste Frage im Moment ist natürlich, ob Löw Kuranyi begnadigt. Meine Gewährsleute in Baiersbronn sagen: Ja, wenn sich Kuranyi rasiert. Wobei Löw wohlwollend vermerkt hat, dass der Kurzhaarschnitt ein Schritt in die richtige Richtung war. Wenn Kuranyi tatsächlich zurückkehrt, wird das auch Michael Ballack freuen, der sich für den verlorenen Sohn stets stark gemacht hat. Der Captain kämpft gerade sehr erfolgreich gegen den Fluch des ewigen Zweiten. In der Champions League vorausschauend frühzeitig raus – niemand findet einen Achtelfinalisten tragisch – in der Premier League auf dem Sprung. Anelka hat, was die Einszunulls angeht, einen sagenhaften Lauf in dieser Saison.
Eigentlich bin ich sehr skeptisch, was diese WM angeht. Eine starke Gruppe, Leistungsträger reihenweise außer Form, der DFB leistet sich eine neverending Palastkrise, keine eindeutige Nummer Eins im Tor und kein Vertrag für Löw. Aber vielleicht ist das nach dem Laktatperfektionismus der Klinsmannjahre krampflösend und schafft Raum für die Inspiration, die eine erfolgreiche Mannschaft braucht. Wenn es dann noch gelänge, eine Ecke so zu platzieren, dass Gefahr entsteht, dann kann er einköpfen, der Kevin, weil er mit dem glatt rasierten Kinn weniger Luftwiderstand hat und eine Tausendstel Sekunde schneller am Ball sein wird als sein direkter Gegenspieler.
An der alten Hängeregistratur aus bräunlichem Metall klebte eine Postkarte mit dem Tafelberg: Greetings from South Africa. Eine Erinnerung an die vorletzte Tourismusbörse. Keiner der drei war jemals in Südafrika gewesen. Nicht einmal Nordafrika. Tunesien, dachte Zabriskie. In einer dämlichen Bettenburg am Strand liegen und Drinks schlürfen, das wäre es jetzt. Aber da wurde ja gefoltert. Also doch nur Baden an der Plötze. (Rob Alef, Bang Bang stirbt, 2005)