Nürnberg wird Baazi

Bester Absteiger aller Zeiten irgendwie. So viel Lob für so viel schönen Fußball. So viele Chancen. So viele blöde Gegentore. Da kann man sich natürlich fragen: War es unter Wiesinger so viel schlechter, abgesehen vom Pokalspiel gegen Sandhausen und dem HSV-Spiel? Und was passiert, wenn Verbeek seine erste Klatsche kriegt? Kommt dann Wiesinger zurück? Macht Mintal es alleine? Tom Brunner? Dieter Nüssing? Alex Ferguson? Lothar Matthäus?

Ich war für Wiesingers Verbleib, finde aber, Verbeek macht sich bisher recht gut. Völlig ruhig, ein wenig schelmisch, und vielleicht ein harter Hund, aber das war Meyer auch auf seine Weise. Nachdem Menotti nicht zu kriegen war, müssen wir den besten poststrukturalistisch verzauselten Übungsleiter nehmen, den wir kriegen können. Eine Handschrift ist ja schon zu erkennen, und das 0-3 gegen Freiburg war ein Quantensprung im Vergleich zum 0-5 gegen den HSV. Baazi Voetbal Total.

Gegen Gladbach haben die Clubberer das zweite und dritte Tor versäumt und sind dann wieder kalt erwischt worden. Auch wenn der Schuß von Drmic an die Latte vermutlich drin, der Einsatz von Xhaka gegen Drmic ein Elfmeter war, hat es der Club selbst versaubeutelt. Erstens sollte man Arango nicht frei zum Schuß kommen lassen, zweitens sind Eigentore in hohem Maße störend auf dem Weg zum Auswärtspunkt und drittens entstanden beide Tore aus unnötigen Freistößen in der Nähe des eigenen Strafraums. Einmal war Stark der Übeltäter, einmal Pogatetz. Dass Schiedsrichter Dingert diese hauchzarten Berührungen als Foul pfeift und Xhakas Blutgrätsche nicht, ist erstaunlich, dass die Gladbacher theatralisch fallen, ist doof, aber trotzdem hilft es nicht, zu jammern. Rein rechnerisch kann der Club in der Hinrunde sogar noch die 20-Punkte-Hürde knacken. Wohl dem, der ein solides Unentschieden-Polster hat. So lange Frankfurt, Freiburg, Augsburg, der HSV und Hoffenheim alle auch verlieren, ist es nicht so schlimm, Platz 15 ist nur drei Punkte weg. Auf ein Neues gegen Wolfsburg, die haben jetzt viermal hintereinander gewonnen, sind also der ideale Aufbaugegner.

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Morgen erscheint mein neuer Roman „Immer schön gierig bleiben“.

Am 16.11. lese ich um 20 Uhr im Max & Moritz, Beletage, Oranienstraße 162, 10969 Berlin. Die Lesung findet statt im Rahmen von „Stadt, Land Buch“, dem Lesefestival des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels (Landesverband Berlin-Brandenburg).

Am 29.11. lese ich um 20 Uhr in der Fantasy/SF-Buchhandlung „Otherland“, Bergmannstraße 25, 10961 Berlin. Mitveranstalter ist die Krimibuchhandlung Hammett, Friesenstraße 27, 10965. Dort kann man mein Buch bestellen.

 

 

 

Der Riesenzwerg aus Gelsenkirchen

So richtig vom Hocker hauen einen diese Schalker nicht in dieser Saison. Jetzt haben sie schon ihr drittes Spiel gegen eine Spitzenmannschaft sang- und klanglos verloren. BVB 1-3, Chelsea 0-3, Bayern 0-4, alles zuhause. Das ist schon extrem mickrig. Sie haben zwar nicht den Anspruch erhoben, gegen diese Mannschaften zu gewinnen, aber es ist nicht verboten, seine gesetzten Ziele auch mal zu übertreffen. Oder wenigstens so zu verlieren, dass man sich als sympathisierender Clubberer nicht fremdschämen muss.

Zugegeben, es gibt zu viele Verletzte. Obwohl Szalai eingeschlagen hat, fehlt der erste Sturm mit Huntelaar und Farbfan an allen Ecken und Enden. The Athlete Fashionably Known As Prince ist zwar einer der spannendsten Transfers des Sommers, muss sich aber erst zurecht finden. Ihn Mittelstürmer spielen zu lassen, ist eine Idee, die von Michael Skibbe stammen könnte. Wenn Boateng nicht laufen kann, soll er nicht spielen. Wer braucht halbfitte Spieler?  Draxler leidet an einem schweren Fall von morbus ricken. Zur Führungsperson ausgerufen, durchwachsenen Start gehabt, tendenziell dauergestresst. Wobei Ricken nach seiner Sahnesaison völlig neben sich stand und Draxler schon einige richtig gute Momente hatte. Jetzt kann man ihn natürlich nicht einfach wieder zum Supertalent downgraden. An Papadopolous erinnert sich kaun noch jemand, so lange ist er schon weg.

Trotzdem werden die Schalker die Gruppenphase der Champions League überstehen und um Platz vier mitspielen. Im Feld der Verfolger eine dicke Nummer, für die Großen Drei und die Spitze Europas im Moment zwei Nummern zu klein.

Vielleicht sollte man langfristig über einen Trainer nachdenken, der weniger wurschtig wirkt als Keller, der der Mannschaft ihre Halbherzigkeit und das schlampige Passspiel austreibt. Wie wäre es mit Morten Olsen im Verbund mit Ebbe Sand zum Beispiel? Dänemark hat die WM-Quali verpasst, Olsen wird nächstes Jahr 65 und kommt gemessen an Rehhagel, Aragones, Heynckes und Rudi Gutendorf erst in einigen Jahren ins beste Traineralter.

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Am 12. November erscheint mein neuer Roman „Immer schön gierig bleiben“. Bestellungen gerne hier:

 

Könige des Unentschiedens

Platz 15 für Nürnberg sieht auf den ersten Blick ziemlich mickrig aus, aber man sollte sich nicht täuschen lassen. Es gibt zwei mißratene Partien in dieser Saison. Die eine ist das 0-1 zu Hause gegen das sperrige Augsburg. Die anderen Partien in der Liga gehen in Ordnung. Gegen Braunschweig wurde ein Vorsprung verspielt, gegen die starke Hertha unterlief das gleiche Mißgeschick, man holte aber auch nervenstark ein Tor Rückstand gegen die Berliner auf. Dieses Kunststück gelang auch gegen Dortmund, das 1-1 war der bisher einzige Punktverlust des BVB und entspricht dem Ergebnis der Vorsaison. Gegen Hoffenheim und Bremen holte die Mannschaft sogar jeweils ein 0-2 auf. Für ein Team, das mit Klose und Simons zwei wichtige Spieler verlor und einen komplett neuen ersten Sturm hat, ein ordentlicher Auftakt.

Trotz der durchwachsenen Ergebnisse sind viele der neuen  Spieler echte Verstärkungen. Gegen Dortmund standen mit Pogatetz, Hasebe, Stark, Hlousek und Ginczek fünf Neue in der Startelf. So viele Personalwechsel gegen die zweitbeste Mannschaft Europas können auch schon einmal dazu führen, dass man völlig untergeht, aber Nürnberg war kämpferisch und spielerisch ebenbürtig. In seiner Pokalsiegsaison 2007/07  hatte der Club auch fünf Unentschieden nach sieben Spieltagen, darunter jeweils ein 1-1 gegen Cottbus, Mainz und Bielefeld. Der wesentliche Unterschied zu heute waren die beiden Auftaktsiege gegen den späteren Meister Stuttgart und Gladbach und der erfolgreiche Beginn im Pokal, der bis zum Titel in Berlin führte.

Die andere völlig mißratene Partie war deshalb auch das Pokal-Aus gegen Sandhausen. Gegen einen der gefährlichsten Pokalschrecks aller Zeiten kann man verlieren, aber nicht nach einer 1-0 Führung. Das Wegschenken eines Vorsprungs hat den Club bisher vier Punkte in der Liga gekostet, zwei gegen Hertha und zwei gegen Braunschweig. Schon mit acht Punkten statt fünf  wäre man in dieser engen Liga und den beiden dicksten Brocken (Bayern, BVB) im Auftaktdrittel vollkommen im Soll. 2006/07 brauchte Nürnberg in der Hinrunde elf Unentschieden, bis sie sich für ihre großartige Rückrunde mit dem 3-0 gegen Bayern und 25 Punkten gefunden hatten.

Hier entsteht gerade eine Mannschaft, die das Potenzial hat, so gut zu werden wie die Pokalhelden. Ich hoffe sehr, dass Wiesingers Team gegen den HSV sein Potenzial endlich einmal über 90 Minuten abruft und dieser Coach in Ruhe weiterarbeiten kann.

PS: Die Schreibpause von mehr als einem Monat hat einen guten Grund. Bis letzten Dienstag habe ich an meinem neuen Roman geschrieben. „Immer schön gierig bleiben“ erscheint am 12. November 2013 im Rotbuch Verlag. Am besten gleich vorbestellen bei der Krimibuchhandlung Hammett.