Im Brustton der Überzeugung hat der kicker vor einigen Wochen verkündet: „Was jetzt für Tuchel spricht“. Das war kurz nachdem Jupp Heynckes einmal mehr für sich gesprochen und erklärt hatte, über die Saison hinaus nicht den FC Bayern trainieren zu wollen. Das schleimig-grabschige Rührstück zwischen Ui Hoeneß und Heynckes hätte bei jedem anderen Verein dazu geführt, ihm seine öffentlich ausgetragene Unprofessionalität vorzuwerfen. Beim FCB haben die beflissenenen Spindoctors im öffentlichen Meinungsraum das Gezerre erfolgreich zu einem Komödienstadel mit Männerfreundschaft umgedeutet. Nach dem Debakel mit Thomas Tuchel ist der Brustton der Überzeugung einem diskreten Räuspern gewichen. Die Scham- und Schonfrist vorbei. Immer mehr zeigt sich, dass die Krise des FC Bayern eine Krise zweier Führungsstile ist. Hoeneß will der bajuwarische Hemdsärmel sein, der Verträge per Handschlag und mit Schmalzler* besiegeln möchte. Nicht nur in seinen historischen Dimensionen ähnelt er immer mehr Franz-Josef Strauß. Karl-Heinz Rummenigge wäre gerne der gobale mover and shaker, der alle in die Schranken weist: Die Supermacht Manchester City und den aufmüpfigen, basisdemokratischen FC St. Pauli. Der Donald Trump des Weltfußballs.
Der Donald Trump des Weltfußballs
Der kicker thematisiert das interne Hauen und Stechen an der Säbener Straße natürlich nicht (die SZ schon), und gibt stattdessen Rummenigge über mehrere Tage hinweg ein Podium im Kreuzzug gegen 50+1. Über all der Planlosigkeit bei der wichtigsten Personalentscheidung der nächsten Jahre ist es beinahe in den Hintergrund getreten, dass die Bayern ihr Spiel in Leipzig hochverdient verloren haben. Wie so oft in den letzten Wochen waren die Spieler zu behäbig und uninspiriert, auch die Taktik von Sankt Jupp hat nicht funktioniert. Natürlich wird jetzt trotzdem unverdrossen die Platte „Meisterschaft schon an Ostern…“ gespielt, nachdem die Mannschaft von Hasenhüttl und Rangnick beim Rekordversuch vor zwei Wochen der Spielverderber war. Aber es ist kein Geheimnis: Jede Mannschaft mit einer couragierten Leistung kann den taumelnden FC Bayern schlagen, auch Dortmund, das ohne Tuchel nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Für diesen FCB reichen auch Stögers Wuchtbrummen.
*Schnupftabak