Gestern im Pokal wurde wieder einmal das Potenzial der Zweiten Liga deutlich. In gleich drei Duellen mit einem Erstligisten setzten sich die unterklassigen Mannschaften durch, auch in Augsburg stand das Spiel lange auf Messers Schneide, ehe den Schalkern ein später Sieg gelang. Besonders überzeugend trat Cottbus auf, die schon mal in einem Pokalendspiel standen. Auf dem Weg dorthin gewannen sie damals gegen den Erstligisten KSC im Schneetreiben und angetrieben von einem euphorisierten Publikum in typischer Zweitligamanier: durch Kampf und Emotion. In Wolfsburg war Energie die in allen Belangen überlegene Mannschaft, erspielte sich bis zur Pause ein für die Heimmannschaft demütigendes 3-0 und geriet während des ganzen Spiels nie in ernsthafte Gefahr. Nur einige Fans kommen bei diesem Niveau nicht mit und gefährden mit ihren depperten Auftritten den Erfolg. Auch Duisburg war in Köln die reifere Mannschaft, hätte bei besserer Chancenverwertung den FC ganz böse abwatschen können. Bei Aachen war es gegen Frankfurt am ehesten ein Triumph der Emotionen und eines phantastischen Torhüters. Was dem einen sein Neuer, ist dem anderen sein Hohs. Aber klassisch gebolzt hat auch die Alemannia nicht.
Es sind eine ganze Reihe von Mannschaften in Liga Zwei, die sich ähnlich geschlossen und mit einer klaren Spielanlage präsentieren wie Kaiserslautern oder Freiburg eine Klasse höher. Freiburgs seit fünfzehn Jahren betriebene Nachwuchs- und Scoutingarbeit ragt dabei heraus, am Betze lebt man vom Genie des Stefan Kuntz, der dem VfL Bochum dereinst Theofanis Gekas und manch andere Perle bescherte. Neben Augsburg, Duisburg, Cottbus sind es auch noch die bereits im Pokal ausgeschiedenen Bochum, Düsseldorf und Hertha. Fürth und Aue, die im Moment oben noch dabei sind, fehlt die Erfahrung eines erfolgreichen Aufstiegs, aber auch sie sind noch mit in der Verlosung. Viele Vereine sind mittlerweile in der Lage, ihre Philosophie auch eine Klasse tiefer weiter zu entwickeln und zumindest ein Jahr in Liga Zwei personell und finanziell recht gut zu überbrücken. Totale Katastrophen wie der Abstieg Nürnbergs 1969 oder der Münchener Löwen 2004 gibt es nur dann, wenn man sich vollkommen überschätzt, siehe KSC, Bielefeld, Rostock. Die anderen nehmen das körperbetonte, giftige Spiel an und arbeiten zugleich an einer Gesamtstrategie, in die Nachwucharbeit, Management und Trainerstab von Anfang an eingebunden sind.
Bei dieser hohen Leistungsdichte – zwischen den immer stärker werdenden Bochumern auf Platz acht und den Augsburgern auf Platz eins liegen nur fünf Punkte – wird die Rückrunde ein Langzeitkrimi, bei dem am Ende die nervenstärksten Teams die Nase vorn haben werden. Wer das sein wird, ist nicht abzusehen. Hertha hat sich gegen Aue und Augsburg nach dem kleinen Durchhänger wieder sehr stark gezeigt, vom Gesamtkonzept ist Augsburg sicherlich die Nummer eins. Duisburg hat eine tolle Mischung aus Jung und Alt, Bochum den Aufsteigsroutinier Funkel auf der Bank. Düsseldorf hat den Verlust seiner wichtigsten Spieler mittlerweile verdaut, Fürth und Aue sind Außenseiter, aber beim Club unter Oenning dachten auch viele, die Mannschaft spiele über ihrem Limit und plötzlich waren sie doch auf einem Relegationsplatz und der damalige Erstligist Cottbus bekam die neue Stärke der Zweiten Liga zu spüren.