Derbywochenende

In der Alten Försterei gewinnt am Montag hoffentlich Union gegen Hertha., Bremen wird den HSV verarzten, und Düsseldorf spielt gegen Gladbach um die Tabellenspitze, weil Bayern am Sonntag gegen den ersten ernstzunehmenden Gegner der Saison nicht gewinnt. Gleich vier Derbys stehen an am Wochenende, und die engste Partie auf dem Partie ist die in Berlin.

Union und Hertha sind mit Pudding in den Beinen in die Saison gestartet, nichts Genaues weiß man noch nicht bei beiden Teams. Bei Union, so scheint es, schleichen sich langsam unausgesprochene Aufsteigsambitionen ein. Man denkt, wenn wir schon den herzhafteren Fußball als Hertha spielen, sollte es doch eigentlich auch für den Aufstieg reichen. Aber ob das in dieser wieder einmal stärksten Liga aller Zeiten wirklich so einfach wird.

Beim HSV isser wieder da: der verlorene Sohn Rafael van der Vaart. Ob er gleich zur Lichtgestalt werden wird, mal abwarten. In den drei Jahren, in denen Rafa beim HSV spielte, gab es ein 2-0 in Bremen mit zwei Toren des Mittelfeldhäuptlings, ansonsten drei Niederlagen und zwei Unentschieden für den HSV. Nach einem Punkt in Bremen würde Fink vermutlich vom Angriff auf die Europa-League-Plätze sprechen.

Von der Europa League spricht man auch in Gladbach. Auch wenn es knapp und tragisch war gegen Kiew, die Borussia soll froh sein, dass sie die CL nicht an der Backe hat. Dass die EL sexy sein kann, zeigt Hannover. Lieber die fliegenden Niedersachsen als das ätzende Ballgeschiebe in den CL-Gruppenspielen. Die Klasse für die CL hat man am Bökelberg längst nicht, gut ein Jahr nachdem man die Relegation gegen Bochum überstanden hat. Erst mal ankommen auf der europäischen Bühne. Früher spielte Gladbach immer im Düsseldorfer Rheinstadion, weil der Bökelberg zu klein (oder zu alt?) war. Jetzt kann man im eigenen Oval Fußballfeste feiern. Düsseldorf wird trotz des partiellen Zuschauerverbots eine harte Nuß.

Und die Bayern? Haben jetzt glücklich ihr Jodeldiplom ihren Spanier käuflich erworben. Vieles, was bei Bayern im Moment passiert, läßt eine schwierige Zukunft für Bastian Schweinsteiger erwarten. Im Moment ist er noch nicht fit, mag sein. Aber was ist, wenn Kroos, Gustavo und der neue Luxusheld Martinez besser sind als der Homeboy mit der echt bayerischen Alm credibility? Sitzt Schweinsteiger auf der Bank? Auf der Tribüne? Stuttgart hat gegen Wolfsburg zwar verloren, aber eine Nummer größer als Fürth sind sie trotzdem. Und ob die Bayern plötzlich kreativer spielen? Können Sie das überhaupt?

Chelsea kann kommen

Ein akribisch geplanter Plan ist am Samstag wie geplant aufgegangen. Don Juppie, der alte Taktikfuchs hat seine ganze Waagschale in die Erfahrung geworden, weil er fühlte, ahnte, ja sogar wusste: Der FC Chelsea, Gegner des FC Bayern München, wird am Samstag Abend bei den Abramovichs auf dem Sofa sitzen und sich das Pokalfinale ansehen. Und so ist es auch. Pünktlich zum Anpfiff sitzen alle Spieler, der Trainer und das gesamte Funktionsteam, einschließlich der dreifachen Weltmeister im Synchron-Massieren, den Sumo-Zwillingen Haik U. und Maik U., auf dem 17 Meter langen Sofa der Abramovichs, um ihren Gegner zu studieren. Dann geht alles blitzschnell.

3. Minute: Tölpelhafter Querpass von Luiz Gustavo, 1-0 Kagawa. Fröhliches Gelächter im weiten Rund. Doch Essien greift sich an die Kehle, verdreht die Augen. Ein Schluckauf hat ihn überrumpelt, ein gefährlicher, zermürbender Dauerschluckauf, der bis zu diesem Moment noch anhält, und nach Meinung der Londoner Schluckaufspezialisten einen Einsatz des Defensivgenies am Samstag auf der berühmtesten Müllkippe Europas unmöglich macht.

Perfekt eingestellt auf den Gegner aus England lauern die Bayern unerbittlich auf weitere Schwächen: 45. Minute, ein simpler Steilpass überrascht Badstuber und Boateng beim Schnick-Schnack-Schnuck, schon steht es 3-1 durch Lewandowski. In London klatschen sich Lampard und Cech ab. Doch jäh greift Lampard sich an den Oberarm: Die alte Schultereckgelenksprengung ist wieder aufgebrochen. Dabei war er doch gerade beim Schultereckgelenksprengmeister zur Nachsorge. Wieder ein Leistungsträger, ein Hoffungsträger, ein Trikotträger, der beim wichtigsten Finale seit der Gründung Roms nicht dabei sein wird.

In der 81. Minute kann auch der Königstransfer zeigen, warum man ihn für 25 Millionen Euro verpflichtet hat. Neuer fängt einen Konter ab und leitet sofort die nächste Offensivaktion ein, bringt den Ball blitzschnell und zielgenau auf den Fuß von Piszczek. Der flankt, und Lewandowski vollendet zum 5-2. Drogba fällt vor Lachen vom weitläufigen Sitzmöbel. Während der Sturmtank sich noch denkt: Hier sieht’s ja aus wie bei Abramovichs unterm Sofa, eilen Haik U. und Maik U. herbei, doch zu spät. Mit einem doppelten Bänderriß im linken Sprunggelenk wird auch der Torgarant fehlen.

Dank einer taktischen Meisterleistung von Trainer Heynckes und einer Mannschaft, die diszipliniert und geduldig auf ihre Chancen gewartet hat, bei der ein Rädchen ins andere griff, und jeder sich auf seine Mitspieler verlassen konnte, hat sich der Doublegewinner der Münchner Herzspezialisten bereits vor dem Anpfiff einen unschätzbaren Vorsprung verschafft und Chelsea gezeigt, wo der Hummer hängt – der Hummer für das Mitternachtsbankett in den Katakomben von Fröttmaning. Der sympathische Festgeldkontoverein ist ab sofort klar im Vorteil, Albions Magnatenmarionetten können nur noch auf ein Wunder hoffen.

Zurück zu den angeschossenen Funkhäschen.

Servus Bayern, lange nichts von euch gehört

Am Samstag ging die mir selbst auferlegte Bayern-Pause zu Ende. Die kritische Leser_in möge prüfen, ob der Blog in dieser Zeit langweilig, nichtssagend oder thematisch verfehlt war. Ich denke, man braucht die Bayern nicht,  um interessant über die Bundesliga zu schreiben. All denjenigen, die den Verein gelegentlich pro toto für die Liga nehmen, stehen möglicherweise harte Zeiten ins Haus, wenn mit Augsburg, Fürth und Aue gleich drei Neulinge aufsteigen sollten. Wieder hundert neue Namen, die man sich merken muss anstatt immer nur die üblichen Verdächtigen aufzulisten, ohne etwas Neues zu berichten. Für die Überraschungssiege gegen die Bayern biete ich lizenzfrei hier schon mal drei Schlagzeilen an: Haue von Aue! Playmobilmännchen ziehen die Lederhosen aus! Kalle Wirsch entzaubert Kalle Unwirsch!

Wenn die Bayern binnen vier Tagen zwei Weg weisende Heimniederlagen einfahren, schreibt sich’s natürlich viel lieber. Und wer weiß, vielleicht haben sie jetzt ja einen Lauf und verlieren auch noch in Hannover und fliegen gegen Mailand raus. Trotzdem gibt es nicht nur schlechte Nachrichten für die Bayern-Fans: Peter Neuruer steht für das Amt des Trainers im Moment nicht zur Verfügung, er ist in einer Findungsphase.

Eine Findungsphase bräuchte auch die Mannschaft, weil ihr gegen wie stets engagiert-durchschnittliche Schalker nichts einfiel. Gomez hätte den Elfmeter kriegen können, da gebe ich van Gaal recht, aber auf so ein Humpelfoul kurz vor Schluß kann man sich nicht herausreden. Ich vermute mal, auch mit van Bommel hätten die mediokren Säbener gegen die fabelhaften Lüdenscheider nicht gewonnen, aber gestern hätte ein knorriger Ballverteiler, wütender Weitschütze, hemmungsloser Zweikämpfer den Unterschied machen können. Neben dem Verkauf von Lucio ist der Verkauf  von van Bommel das zweite große Welträtsel in der Ära van Gaal. Ist die Mannschaft in der Krise, jagt man den Käptn nicht vom Hof. Breno war für den Club der letzten Saison ein Quantensprung, bei den Bayern ist er ein weiterer Wackelkandidat in der Defensive. Luiz Gustavo spielt nicht schlecht, aber er kann als Neuling noch niemand in den Hintern treten, mitreißen, vorangehen.

Felix, der Fuchs, hat den Kopf aus der Schlinge gezogen. Er wird die Saison auf Schalke beenden und hat dann noch zwei Jahre für das große Ziel. Bei Schalke standen mit Neuer, Matip und Höwedes drei aus der eigenen Jugend auf dem Platz, später kam noch Draxler dazu. Ohne die gelb-schwarzen Überflieger in ihren Leistungen zu schmälern, wenn bei einem Verein ein Siebzehnjähriger in einem DFB-Pokalfinale eingewechselt wird, ist das kein Zeichen für schlechte Jugendarbeit. Und einige junge Asse hat der S04 noch im Ärmel.

Manuel Neuer übrigens würde den Fehler seines Lebens machen, wenn er zu den Bayern geht. Da kann Kahn noch so fleißig beschwichtigen und auf seine Anfänge verweisen. Karlsruhe war ein Provinzverein mit ein paar überdurchschnittlichen Spielern und Fan-Proteste erschöpften sich in „Trainer-raus“-Rufen. Schalke ist der personifizierte Gegenentwurf zum Festgeld-Fußball der Bayern, chaotische Finanzen  und religiöse Inbrunst inbegriffen. Huub Stevens hat das Ding in Berlin glatt vor den Baum gefahren, weil ihn die Fans nicht ausstehen konnten. Das war Jahre vor Twitter und Facebook und wenn der Schalker Jung auch nur einmal patzt und nicht ständig Kotau vor seinem neuen Arbeitgeber macht, ist er unten durch. Ich kann verstehen, dass Neuer sich weiter entwickeln will und es gibt einige interessante Vereine, die einen Weltklasse-Torwart brauchen können. Inter Mailand zum Beispiel an Stelle dieses Dussels Julio Cesar. Aber er sollte auch nicht unterschätzen, was es heißt, auf Dauer gegen einen Teil der eigenen Fans spielen zu müssen. Im Ausland kann er wie Hildebrand in die Mühlen der Vereinsintrigen geraten, bei Bayern wird er immer gegen unsichtbare Wände rennen. Und die Chancen, auf Schalke Titel zu gewinnen sind ja gar nicht so schlecht. Jetzt kommt erst mal Valencia und im Mai dann Mei-derich.