Traumwandler in rot und schwarz

Nein, nicht Ekici, nicht Schieber, nicht Cohen sind in der kicker-Elf des Tages, sondern Wolf und Wollscheid. Der Wolfi bereits zum dritten Mal in dieser Saison, beide Nürnberger Innenverteidiger waren zuletzt zeitgleich mit der Schlacht auf der Alten Veste (Gustav Adolf gegen Wallenstein) in der Auswahl.

Zeichen und Wunder: Wieder zu Null gespielt, wieder späte, wunderschöne Tore. Wenn die Mannschaft sich weiter so verjüngt, werden die Begleitkinderchen beim Hereinlaufen irgendwann Windeln tragen, damit es überhaupt noch einen Altersunterschied gibt. Nebenbei: Wie wäre es denn einmal mit Rentern? Leute mit mehreren Jahrzehnten Vereinsmitgliedschaft, die mit Max Morlock noch geschussert haben. Das wäre doch mal was. Dauert der Ein- und Ausmarsch halt ein paar Minuten länger.

Es sind jetzt noch 33 Punkte zu vergeben. Wenn die Mannschaft die Vorgabe von 44 Punkten erreicht, dann bliebe unter dem Strich die entspannteste Saison seit Menschengedenken, der reifere Fußball im Vergleich zum Pokaljahr und eine große Zahl junger Spieler, die nicht alle auf einmal verschwinden können. Selbst ein Schieber würde es sich zweimal überlegen, ob er in Wolfsburg unter Rudi Assauer und Udo Lattek beim Aufbau einer Mannschaft, die um die Champions League mitspielen kann,  beteiligt sein will, auch wenn die fünfmal so viel zahlen. Aber mit dem Endstand 44 würde der Club nur noch neun Punkte aus elf Spielen holen. Das wäre verwunderlich und gar nicht schön. Wenn sie ihre restlichen fünf Heimspiele gewönnen, stünden sie bei 50 Punkten und hätten zwei mehr als im Pokaljahr. Damals spielten sie nach dem Einzug ins Endspiel bisweilen vogelwild und wurden mit 48 Punkten Sechster.  Wenn sie alle Spiele gewinnen, auch die schweren Brocken in Dortmund und mittlerweile Köln, dann wären das 68 Punkte, was für den Altmeister von 1968 durchaus Stil hätte. Mit dieser Punktzahl wurde Schalke hinter Stuttgart 2007 Zweiter. *Seufz*.

Gegen jene Schalker geht es als Nächstes. Ich habe den Verdacht, Magath setzt voll auf Champions League, verwirrt die Scouts mit taktischen Transfers (Charisteas, Karimi) und plant heimlich das ganz große Ding. Also keine schlechten Voraussetzungen für den nächsten Auswärtscoup, schließlich ist vom Viertelfinale noch was offen.  Zu einer ausgeglichenen Auswärtsbilanz fehlen noch mindestens zwei Siege und vier Unentschieden. Vielleicht setzt auf Schalke Gündogan ja dann schon wieder die Offensivakzente.

Kahn auf Schalke

Das verspricht mindestens so viel Spass und Erfolg wie Stevens bei Hertha. Die aufmüpfigen Fans werden das Bayern-Urgestein spontan in ihr Herz schließen, der Novize wird den schwierigsten Verein der Liga aus dem Handgelenk in die Erfolgsspur zurückführen, Rudi Assauer wird dem Nachfolger auf seinem Thron mit liebevoller Kolportagekritik Tag für Tag den Rücken stärken. Was für ein Wahnsinn, diese Variante ernsthaft in Erwägung zu ziehen, so es denn stimmt, was gemunkelt wird. Wobei der kicker selten nur ins Blaue hinein Personalien verkündet. Mir hat es nicht gefallen, dass Müller entlassen wurde. Man schaue sich mal an, in welches Loch Bremen gefallen ist, als Rehhagel ging, das hat Jahre gedauert, bis der SVW diese Ära verdaut hatte. Müller hat den Übergang von Assauer nahtlos vollzogen, dass es mit der Meisterschaft nichts wurde, ist am allerwenigsten sein Fehler. Dass man bei Südamerikanern im Transfer mal daneben greift, ist schon jedem Verein passiert, selbst Leverkusen, die überdurchschnittlich viel Erfolg mit Südamerikanern haben. Außerdem spielt Farfan kein schlechtes erstes Jahr. Der einzige Mißgriff war in meinen Augen Streit, aber nicht als Transfer, sondern als Bankdrücker. Streit hätte phantatisch zu Schalke gepaßt, eine Art Jermaine Jones, der auch Außenristpässe spielen kann, ein Charakterkopf, der auch mal das Maul aufmacht. Wie Jones, wie Asamoah, wie Wilmots, Höwedes… Aber selbst wenn Müllers Entlassung richtig war, hätte man sich vorher konkrete Gedanken über die Nachfolge machen müssen. Magath ist als Kandidat wesentlich interessanter als Kahn. Dieter Hoeneß ist demnächst zu haben, oder vielleicht Bernd Schuster. Als Sportlicher Direktor könnte er den ruhigen königsblauen Trott der letzten Jahre etwas aufpeppen, dazu Lothar Matthäus als Trainer, wuahahahaharhar.