Vielleicht ist es besser so

Vielleicht ist es ja besser so. Was wäre gewesen, wenn Deutschland gegen Holland hätte spielen müssen? Van Bommel gegen Schweinsteiger, Lahm gegen Robben, Mathijsen gegen Trochowski, Elija gegen Aogo? Die beinahe beste Mannschaft Europas und die beinahe fünftbeste Mannschaft Deutschlands gingen hoffnungslos zerstritten in die Saisonvorbereitung. Damit wäre der vierte Platz für die CL endgültig ein Ding der Unmöglichkeit, und van Gaal könnte niemals Bundestrainer werden.

Der Uru als solcher wohnt sehr weit weg und spielt in der Bundesliga nicht die tragende Rolle. Eine Niederlage heute würde das Land, das so groß ist wie Österreich und Ungarn zusammen, aber viel besser Fußball spielt, sicherlich enttäuschen, aber sie gehen mit Sicherheit motivierter ins Spiel als die Schlandis, die heute ihren ganzen internationalen Zuspruch mit einer halbherzigen Leistung wieder vergeigen können.

Oliver Kahn sagt im kicker, man sollte das Spiel um Platz Drei abschaffen. Ich finde, es ist eine große, charmante Geste, die Verlierer noch einmal zu würdigen. Und für Mannschaften wie Kroatien, Südkorea, die Türkei und heute Uruguay ist das Spiel um Platz Drei trotz des Scheiterns im Halbfinale etwas ganz Besonderes. Und der Große Klose kann heute auch noch etwas zustande bringen.

Ottl für Ballack

Es ist eigentlich gar nicht so wichtig, ob es Absicht von Boateng war oder nicht. Ob Boateng ein rachsüchtiger Volldepp ist oder Bruchteile von Sekunden zu spät kam. Verletzungen passieren, mit und ohne Einwirkung des Gegners, siehe Reinhardt und Frantz in der Relegation. Niemand käme auf die Idee, einem Platzwart Vorsatz zu unterstellen. Im Disput vorher wird Ballack nicht nur Komplimente gemacht haben. Das ist das Risiko eines jeden Aggressiv-Leaders, dass er andere Spieler aggressiv macht. Und Ballack war auch nie ein Kind von Traurigkeit, wenn es darum ging, auf dem Platz auszuteilen.

Seine Verletzung ist trotzdem ganz bitter. Er hat das Ideal des Spitzensportlers in Deutschland ebenso nachhaltig verändert wie Elvis die Unerhaltungsmusik und -kultur weltweit. Leute wie Lahm, Mertesacker oder auch Enke haben eine Dimension von Selbstkritikfähigkeit in den Sport gebracht und Ballack war ihr Wegbereiter. Die Trauerfeier für Enke und die immer wieder offen vorgetragene Kritik an Vereinen und Journalisten wäre ohne Ballacks kluges Antiheldentum nicht möglich gewesen. Natürlich füllt nicht jeder Fußballer diesen Freiraum aus. Podolski könnte mit seinen verbalem Äußerungen genauso gut aus den siebziger oder neunziger Jahren stammen, und Thon ist und bleibt ein Dampfplauderer vor dem Herrn. Aber war die Leverkusener Saison 2002 trotz der drei Niederlagen nicht ein fußballerischer Höhepunkt? Und sind viele pflichtgemäß (von den Bayern) gehamsterte und (von Juventus) ergaunerte Titel im Rückblick nicht völlig belanglos?  Ballack hat alle Tücken der öffentlichen Selbstdarstellung, den hyperengagierten KimIl McRummenigge und die englische Boulevardpresse abgewettert und dabei immer Klartext geredet. Er verkörpert, dass zum großen Sport auch große Verlierer gehören. Seine Tränen 2008 im CL-Finale gegen Liverpool passen in eine Reihe mit dem Entsetzen der Ungarn 1954, Uwe Seelers hängenden Schultern 1966 oder Foremans KO in Zaire 1974. Weniger souverän waren beispielsweise Vogts und Kohler 1998, die nach dem grandiosen Sieg der Kroaten Verschwörungsphantasien hegten und ziemlich kleine Verlierer waren.

Es ist völlig primitiv, Ballacks Ausscheiden nur an den sportlichen Erfolgsaussichten zu messen und weltfremd zu behaupten, Deutschlands Chancen seien ohne Ballack sogar besser, wie es Peter Ahrens auf Spiegel-Online versucht. Dabei hätte sein Motto „Volle Kraft voraus!“ hervorragend zur Bauserie Hrubesch / Briegel / Matthäus / Brehme gepaßt, kommt also knapp 20 bis 30 Jahre zu spät.

Warum aber Ottl nachnominieren? Zum einen ist der DFB mit spät nominierten Nobodys nicht schlecht gefahren. 1986 wurde man mit Norbert Eder (7 Einsätze) immerhin Zweiter. Auch hier eine große Niederlage, die einen noch Größeren unsterblich machte. Es muss sich noch zeigen, ob Schweinsteiger in der Nationalmannschaft einen ähnlich entscheidenden Schritt nach vorne machen kann wie im Verein. Aber für ihn wäre es kein Nachteil, einen Spieler an seiner Seite zu haben, mit dem er eingespielt ist. Ottl ist seit 1996 bei den Bayern, Schweinsteiger seit 1998. Ottl hat 24 europäische und fast 80 Bundesligaspiele bestritten. Sein Pech ist, dass er Leute wie Schweinsteiger, Demichelis und van Bommel vor der Nase hat. In Nürnberg hat er sich in kürzester Zeit akklimatisiert und im permanenten Abstiegskampf Nervenstärke bewiesen. Zwischen ihm und Schweinsteiger ist die Hierarchie geklärt. Es wäre fatal, sollten sich die beiden Nachwuchsgrößen Khedira und Schweinsteiger auf Kosten des Anderen zu profilieren versuchen. Ob dem Club die Vertragsverhandlungen erleichtert werden, sollte Ottl als Weltmeister zurückkehren, darf bezweifelt werden. Aber immerhin: Es geht um Schland.

Die neue Champions League

Endlich einmal eine sinnvolle Reform. Wer die Auslosungen zu den Playoffs in der Champions League gesehen hat, wird feststellen, dass der elitäre Klub der Dauerteilnehmer durchlässiger werden wird.

RB Salzburg, Maccabi Haifa, FC Kopenhagen, APOEL Nikosia, FK Ventspils, FC Zürich, Levski Sofia, VSC Debrecen. Von diesen acht Vereinen sind in der neuen Runde vier dabei. Und wenn Celtic Glasgow (die Stadt mit dem südafrikanischen Weltmeisterschaftsklima) Arsenal knackt, dann wären zum ersten Mal seit es die CL gibt, nur drei englische Teams dabei. Insgesamt wird alles viel europäischer und meisterlicher. Ich drücke Maccabi Haifa die Daumen, die gegen die Österreicher eine reelle Chance haben.

Für die Europa League sind Hapoel Tel Aviv (gegen FK Teplice) und Bnei Yehuda Tel Aviv (gegen PSV Eindhoven) noch im Rennen. Hapoel hat eine gute Chance, Bnei Yehuda wird über sich hinauswachsen müssen. Und Hertha kann sich nach dem Duell mit Bröndby vermutlich ganz auf die Liga konzentrieren. Aber dann könnte ja Stuttgart einspringen, falls es in den CL-Playoffs gegen Timisoara nicht reichen sollte.