Ein Kaninchen namens Soldo

Michael Meier ist ein Coup geglückt. Während die üblichen Verdächtigen auf das Trainerkarrussell aufsprangen, zauberte der Kölner Manager ein klassisches Kaninchen aus dem Zylinder: Zvonimir Soldo, im kicker als „Anti-Daum“ bezeichnet, könnte die Lösung für die dringend zu klärende Trainervakanz sein. Dazu noch Henke, ein Co-Trainer par excellence, ganz ohne Häme. Wie wichtig ein guter Co ist, sehen wir gerade am Tauziehen um Hermann zwischen Leverkusen und Nürnberg bzw. Heynckes und Oenning. Jeder, der nicht mehr bei Bayern ist, hat eine faire Chance für einen Neuanfang verdient.

Wenn es stimmt, dass die „Sechser“ sowieso überdurchschnittlich oft bereits als Spieler wie Trainer denken – Sammer und Schuster sind  prominente Belege für diese These – dann bringt Soldo eine Menge mit, was der FC gut brauchen kann. Zum Beispiel Bodenständigkeit als Gegengewicht zu chronisch überkandidelten Umfeld in der jecken Stadt. Oder taktische Akribie, um mit dem eng geplanten Kader weiter voran zu kommen. Soldo übrigens rechnet Fortschritt nicht nur in Tabellenplätzen, sondern auch in gewonnenen Heimspielen. Kurz vor Beginn der Rückrunde 2009 gab es hier eine kleine Diskussion, welche Ziele sich ein nichtabgestiegener Verein im Niemandsland der Tabelle setzen soll. Köln gehört auch in diese Kategorie: kein unmittelbarer Abstiegskandidat, aber angesichts der etablierten und finanzstarken Konkurrenz keine realistischen Chancen auf die ersten fünf Plätze. Soldo sagt: die Heimbilanz verbessern, damit die treuen Fans belohnt werden für ihre nimmermüde Unterstützung. Meier, der auch Geromel, Petit und Mohamad als erfolgreiche Transfers verbuchen kann, könnte mit Soldo seine Bilanz weiter verbessern, wobei der Königstransfer der von Podolski sein wird. Wenn der wie erhofft einschlägt, darf man von mehr als zehn Heimsiegen träumen.

Oben schlägt unten – UEFA heißt jetzt Fischcup

Alle Mannschaften der ersten Tabellenhälfte bis auf Hoffenheim und Leverkusen haben an diesem Wochenende gewonnen. Rangnicks und Labbadias Spieler werden sich die Champions-League-Radieschen von unten ansehen müssen. Leverkusen verlor gegen den weiterhin entschlossen, wenn auch nicht überzeugend spielendenTabellenführer (knackt Grafite die 30 Tore noch?), Frankfurt verschaffte sich Luft gegen Gladbach. Ansonsten im Duell oben gegen unten nur Siege der Mannschaften, die oben stehen. Unglaublich, dieser Luca Toni. Aber das zeichnet ihn aus, dass er gegen eine Weltklassemannschaft wie Bielefeld jederzeit sein Tor machen kann. Am nächsten Wochenende geht es nach den dankbaren Gegnern Eintracht und Arminia für die Bayern wieder zur Sache. Ich hoffe, die Schalker stürmen in München, und Kuranyi macht gegen seinen Lieblingstrainer sein bestes Saisonspiel. Die Königsblauen haben nichts zu verlieren, so lange alle anderen gewinnen. Hertha könnte in Hoffenheim ins Meisterrennen zurückkehren, Dortmund den dauergestressten HSV stoppen, und Cottbus die Wolfsburger niederringen. Dann hieße der heimliche Sieger Stuttgart, das immer besser in Fahrt kommt. Nebenbei: Jürgen Klopp schafft es wirklich, seine Spieler besser zu machen. Valdez hat jetzt schon sechs Tore, das ist ein Quantensprung.

Der UEFA-Cup am Donnerstag war richtig prima. Manchester City spielte mit Leidenschaft und war in beiden Partien ein ansehnlicher Gegner. Der Unterschied war, dass er HSV im Moment immer in der Lage ist, ein Tor zu machen und dass Rost (ähnlich wie Lehmann in Stuttgart) als alter Sack der entscheidende Rückhalt in den engen Spielen ist. Diesen Erfahrungsvorteil hat bei den Feldspielern nur der Sechser (Frings, Soldo, Galasek), der das Spiel lesen kann.

Bremen kam in Udine zurück, im UEFA-Cup zeigt sich, wie die Mannschaft durch die permanenten Nasenstüber in der CL an Statur gewonnen hat. Ich sehe den HSV wegen des Rückspiels zuhause leicht im Vorteil, allerdings sollte der Bremer Auftritt gegen Hertha kein Maßstab sein. Die zweite Halbzeit war fade und halbherzig, und wir alle wissen, dass dieses sich Schonen für die wichtigen Spiele auch nach hinten losgehen kann. Berlin gewann verdient und mit zwei schönen Toren, die nicht von Voronin und Pantelic erzielt wurden. Wieder ein Sieg für Favre in der internen Hackordnung, die anima candida im Berliner Irrenhaus.

Es ist alles wahnsinnig eng. Nehmen wir an, die ersten drei verlieren am kommenden Wochenende und Stuttgart und Hertha gewinnen, dann sind es zwischen eins und fünf gerade mal drei Punkte. Ein Wimpernschlag, ein Schluckauf, kann die Meisterschaft entscheiden.

Noch enger geht es in der zweiten Liga zu. Nürnberg ist auf Platz zwei, aber Platz fünf ist nur ein Unentschieden weit weg. Und am 10. Mai ist das Derby gegen Fürth, die sich in Wehen ins Aufstiegsrennen zurückgezittert haben.