Schicksalsspiel in Aserbeidschan – es gibt keine Zwerge mehr

Das wird schwer heute Abend, ganz schwer.  Deutschland gegen Aserbeidschan, das war bisher ein ungleiches Duell. Zu unterschiedlich ist das Niveau, zu amateurhaft die Herangehensweise des krassen Aussenseiters. Blicken wir zurück in den Mai 2009. Während Deutschland mit 35 Punkten mit einem soliden 20. Platz einen Achtungserfolg erzielte und dabei sogar Schweden, die Heimat von ABBA, hinter sich ließ, stürmten die blendend eingestellten und auch im Tanz ohne Ball überragenden Aserbeidschaner auf Platz drei.

Im Jahr 2008 war Aserbeidschan zum ersten Mal dabei und erreichte als Neuling mit sagenhaften 132 Punkten auf Anhieb Platz acht. Deutschland landete mit 14 Punkten zusammen mit Polen und Engand auf dem letzten Platz. Die Schweiz zeigte Humor und gab zwei Punkte, Bulgarien will Geld von der EU und gab zwölf. Andererseits sollte man auch schwächere Teams niemals unterschätzen. Das weiß auch der aserbeidschanische Chefchoreograph Vogts: „Es gibt keine Zwerge mehr, diesen Ausrutscher mit den No Angels 2008 sollte man nicht überbewerten. Jeder kann mal einen schlechten Tag erwischen, und wer weder singen noch tanzen kann, für den wird es schwer.“

Jugendkoordinator Sammer weiss, was im Fußball alles möglich ist, hat er sich doch bereits schon vor Jahren als Fan von Nicole zu erkennen gegeben. Als dieses Mädel 1982 Europa zeigte, wo die Gitarre hängt, war Matthias vierzehn Jahre alt, eine prägende Erfahrung, die ihn den Vorsatz fassen ließ, mit Stuttgart Deutscher Meister zu werden. Wenn unsere Jungs heute Abend über sich hinauswachsen und den Spirit of Nicole bis nach Baku bringen, ist vielleicht eine Überraschung möglich.

Wie es geht, zeigte 2009 Norwegen, das im Januar den erfolglosen Trainer Åge Hareide entließ. Der großartige Song von Alexander Rybak (früher Spartak Moskau), erzielte das beste Ergebnis aller Zeiten bei einem Grand Prix. Heute reicht ein 1-0.

Kurzes Lebenszeichen aus dem Sommerloch

„Wir dachten alle, du seist tot,“ sagt Rosanna Arquette zu Madonna, als diese nach Wochen plötzlich wieder aus der Versenkung auftaucht. „Nein, nur in New Jersey,“ lautet die Antwort in Desperately Seeking Susan, einem Film aus jenem seltsamen Paralleluniversum, das seine ehemaligen Bewohner nur die Achtziger nennen.

Nun, ich bin weder tot noch in New Jersey, auch nicht in Tempelhof in der Vormumifizierung gelandet. Allerdings bin ich  umgezogen: näher an die neue Alte Försterei heran und weiter weg vom Olympiastadion. Am 2. August werde ich wieder regelmäßig schreiben, und mir Gedanken machen, wer eigentlich absteigen soll, in dieser immer gleichmäßiger besetzten und professioneller arbeitenden ersten/zweiten/dritten Liga.

Noch ein Wort zum viel geschmähten Kopfnoten-Sammer. Das U21-Endspiel war erste Sahne, sogar ganz ohne Losglück war Schland die beste Mannschaft des Turniers.

Ein Kaninchen namens Soldo

Michael Meier ist ein Coup geglückt. Während die üblichen Verdächtigen auf das Trainerkarrussell aufsprangen, zauberte der Kölner Manager ein klassisches Kaninchen aus dem Zylinder: Zvonimir Soldo, im kicker als „Anti-Daum“ bezeichnet, könnte die Lösung für die dringend zu klärende Trainervakanz sein. Dazu noch Henke, ein Co-Trainer par excellence, ganz ohne Häme. Wie wichtig ein guter Co ist, sehen wir gerade am Tauziehen um Hermann zwischen Leverkusen und Nürnberg bzw. Heynckes und Oenning. Jeder, der nicht mehr bei Bayern ist, hat eine faire Chance für einen Neuanfang verdient.

Wenn es stimmt, dass die „Sechser“ sowieso überdurchschnittlich oft bereits als Spieler wie Trainer denken – Sammer und Schuster sind  prominente Belege für diese These – dann bringt Soldo eine Menge mit, was der FC gut brauchen kann. Zum Beispiel Bodenständigkeit als Gegengewicht zu chronisch überkandidelten Umfeld in der jecken Stadt. Oder taktische Akribie, um mit dem eng geplanten Kader weiter voran zu kommen. Soldo übrigens rechnet Fortschritt nicht nur in Tabellenplätzen, sondern auch in gewonnenen Heimspielen. Kurz vor Beginn der Rückrunde 2009 gab es hier eine kleine Diskussion, welche Ziele sich ein nichtabgestiegener Verein im Niemandsland der Tabelle setzen soll. Köln gehört auch in diese Kategorie: kein unmittelbarer Abstiegskandidat, aber angesichts der etablierten und finanzstarken Konkurrenz keine realistischen Chancen auf die ersten fünf Plätze. Soldo sagt: die Heimbilanz verbessern, damit die treuen Fans belohnt werden für ihre nimmermüde Unterstützung. Meier, der auch Geromel, Petit und Mohamad als erfolgreiche Transfers verbuchen kann, könnte mit Soldo seine Bilanz weiter verbessern, wobei der Königstransfer der von Podolski sein wird. Wenn der wie erhofft einschlägt, darf man von mehr als zehn Heimsiegen träumen.