Football’s staying at home

Es war heute Abend sehr lustig, den MBM (minute-by-minute) Spielbericht des Guardian zu England – Kroatien zu lesen. Als der englische Torwart, ein gewisser Carson, beim 1:0 der Kroaten böse patzte, war Tom Lutz vor allem froh, dass Robinson den Fehler nicht gemacht hatte.

Außerdem kann man Lutz E-Mails schreiben, die er in seinem Live-Ticker veröffentlicht. Zum Beispiel zehn Minuten nach dem Schlußpfiff: “Ich drücke dauernd den Refresh-Button, in der Hoffnung, dass sich der Spielstand noch ändert.” Aber Petrics Zauberschuß erledigte den letzten Rest Hoffnung.

Wahrscheinlich werden diejenigen, die Russland und Israel ein abgekartetes Spiel unterstellten, jetzt neue Verschwörungstheorien starten: Warum hat Andorra Russland nicht an die Wand gespielt, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre? Warum blieb es bei diesem merkwürdigen 1:0 für die Russen? Warum dauerte das Spiel nicht einfach 120 Minuten? Gibt es nicht längst eine Geheimabsprache, eine Erdgasleitung durch Andorra zu bauen?

Wenigstens ein hoch gehandelter “Großer” des europäischen Fußballs ist heute Abend also noch auf der Strecke geblieben. Dass Deutschland wegen der superben Performance der Kroaten jetzt in Topf 3 gelandet ist (”Mostly harmless”), ist das Sahnehäubchen auf einem rundum gelungenen Fußballabend. Auch die nervenstarke Türkei ist dabei. Bei der WM 2006 konnte man Menschen sehen, die ein weißes T-Shirt mit einer Schweizer Flagge trugen, darüber ein großes “Danke!”, darüber ein kleines “4:2″, mithin anspielend auf die WM-Qualifikation der Schweizer gegen die Türken. Das wurde diesmal nichts, denn die Schweizer sind ja Gastgeber. Und die türkischen Fans haben eine Chance, sich als gute Gäste zu zeigen.
Ach ja, Deutschland hat auch gespielt, das sympathische Jahrhunderttalent Podolski gurkte sich gegen Wales aufs allgemeine Mittelmaß ein und wird Augen machen, wenn es nächstes Jahr nicht gegen San Marino und Zypern, sondern gegen Weltklassemannschaften wie Österreich geht. Die sind fast so gut wie Stuttgart und können auch kein Hochdeutsch. Wahrscheinlich ließ Löw die Jungs einfach mal schlecht spielen, damit sich Völler und alle anderen Kritiker daran erinnern wie es früher war. Der Spielaufbau war nicht von ungefähr Rudimentär.

Jetzt freuen wir uns auf die Auslosung am 2.12. und eine Gruppe mit Holland, Italien und Frankreich. Wenn wir dann ausgeschieden sind, bleibt noch genug Zeit, sich in aller Ruhe das Freundschaftsspiel England – Schottland anzusehen.

José´s ghost
22.11.2007

Wenigstens hat der englische Erich Ribbeck nun heute seinen Dienst quittieren müssen. Auf youtube gibt es übrigens das hübsche Fundstück von Graham Taylor, dem letzten englischen Coach, der eine Qualifikation für ein internationales Turnier verpasste (WM 1994), vor und während des entscheidenden Qualifikationsspiels in Holland, zunächst beim Journalistenanpöbeln. Zum Fremdschämen…

http://uk.youtube.com/watch?v=5DHO8p0ce38

Lämmli oder Schwämmli

kicker: Hat Sie Hitzfelds Flirt mit der Schweiz gestört?

Rummenigge: Sollen wir uns irritieren lassen, dass mit einem Herrn Lämmli oder Schwämmli gesprochen wird?

Es gibt nur noch einen, der Hartmut Mehdorn den Titel “Manager des Jahres” streitig machen kann. Karl-Heinz McRummenigge, der Mann der den FC Bayern zu einer Weltmarke hochsterilisieren möchte, und dabei einen unvergleichlichen Umgangston kultiviert hat. Insider berichten, die Angestellten des FC Bayern, vom sympathischen Jahrhunderttalent Lukas Podolski bis zum kurz vor dem Rückfall stehenden Magengeschwüroholiker Ottmar Hitzfeld, bezeichnen sich intern nur noch als Rummenigger, weil der Master of Insults and Injuries gar so gerne öffentlich und derb vom Leder zieht. Irgendjemand muss ihm eingeflüstert haben, Management sei eine Spielart von Triumph des Willens, und ein paar kernig dahingebratzte Leitsprüche reichten aus, um alles wieder ins Lot zu bringen. Ballack schwächelt – McR ruft ihn in der Winterpause zum besten Fußballer Europas aus. Podolski neben der Spur – McR befiehlt ihm besser zu spielen. Vier von fünf Pflichtspielen ohne Sieg: “Ottmar ist nicht entmündigt.”

Da ist mir der beleidigte Leberwurstfabrikant Hoeneß noch viel lieber, in seinem authentischen bajuwarischen Bierzeltfuror. Eine Abteilung Attacke, die sich schon mal in den eigenen Arsch beißt, wenn dieser aufmüpfig wird.

Wäre es möglich, dass Beckenbauer nur deshalb als Lichtgestalt rüberkommt, weil er in unmittelbarer Nähe dieser Haudraufis unwillkürlich Weltmännischkeit ausstrahlt. Vielleicht wäre Charly Neumann in diesem Umfeld auch ein Weltmann geworden. Andererseits haben den Franz sogar die Holländer gemocht bei seiner Welttournee 2006, und Uli und Rumsfeldwebel Rummenigge waren gar nicht dabei.

Wenn es jetzt schon so zugeht bei den krisengeschüttelten Branchenprimi, was wird dann erst passieren, wenn sie nicht mehr Erster sind am Ende der Hinrunde. Nicht umsonst heißt eine beliebte Münchner Kabarettsendung “Ottis Schlachthof”. Dann lieber doch schnell ins sichere Exil zu Lämmli oder Schwämmli.

Kommentare zu “Lämmli oder Schwämmli” (5)

Billy
19.11.2007

Wer Fan von einem Verein ist, dessen Präsident Adolf heißt und von einem anderen Verein, der nächstes Jahr das 50jährige Jubiläum seiner letzten Meisterschaft feiert sollte lieber in Demut schweigen.

khonfused
21.11.2007

@Billy

Den Namen der Kinder vergeben die Eltern, nicht das Kind aufgrund seiner politischen Überzeugung bei der Geburt. Und warum soll man in Demut schweigen, “Wir sind Pokal!” und außerdem wird es nächstes Jahr erst das 40jährige Jubiläum.

PS. Ich dachte immer das A. im Mittelteil hieße “Abstieg” oder “Aufstieg” oder wars doch “Abstieg”???

Und Bayern hat ne Krise, weil 1. Tabellenplatz, im UEFA-Cup gut dabei und im DFB-Pokal auch noch drin. Ja denn, her mit dieser Krise, die nehmen wir gerne.

Rob Alef
22.11.2007

Krise bei Bayern ist, wenn der Rest der Welt nicht platt aufm Bauch liegt (mangelnde Demut).

Dietmar Demuth ist Trainer beim SV Babelsberg 03.

A. steht für Auslegware.

Mit 50 Jahren ist der S04 gemeint, der wo ich nicht Fan von bin, sondern nur im Rahmen eines bilateralen Rahmenabkommens (Fanfreundschaft) mit sympathisiere.

Adrian
22.11.2007

Unglaublich, welche Probleme die Bayern haben. Da steht die Liga nicht Spalier und läßt die Bayern als “Harlem Globetrotters” der Bundesliga zum Titel tanzen. Da wagt es doch eine hundsgemeine Disziplintruppe wie die Frankfurter Eintracht nen Punkt aus der jetzt Allianzarena mitzunehmen. Da fürchten manche, dass auch im UEFA-Cup sich später mal jemand ernsthaft wehren könnte.
Und jetzt die erste Niederlage gegen Stuttgart, man reiche mir ein Taschentuch.

Adrian
22.11.2007

Und was Rummenigge angeht: hat der überhaupt BWL studiert? Oder wenigstens eine kaufmännische Ausbildung? Oder ist das ein Mittelstürmer mit Torriecher, den sie beim FC Bayern mit reingenommen haben, damit er nicht von außen alles madig macht, also ein Paul Breitner light?

Düster dräut Novembers Nebel

Not gegen Elend, und leider hat Elend verloren. Dieses 1:3 in Bielefeld ist der erste echte Aussetzer der Nürnberger in der Saison. Weil aber vorher versäumt wurde, da zu punkten, wo man richtig gut war, ist man jetzt endgültig in einem auf Biegen und Brechen zu führenden Abstiegskampf angekommen.

Und woran hat’s gelegen?  An der klugen Einwechslung von Zuma? Am Schlendrian, der einflüstert, solche Spiele könnte man im Moment mit spielerischen Mitteln gewinnen? Am Kräfteverschleiß im UEFA-Cup? Dass der Verein jetzt eine Trainerdiskussion beginnen wird, scheint nach wie vor ausgeschlossen. Aber die veröffentlichte Meinung, immer auf der Suche nach einer nicht gemähten Wiese, einer Krise, die abgeweidet werden kann, wird in den nächsten Wochen verstärkt nach Nürnberg schauen. Jetzt ist erst einmal Länderspielpause und dann kommen die JoJo-Spieler aus Lüdenscheid, gegen die allerdings seit Jahren kein Sieg mehr gelang. Zwei Wochen Zeit, um den Kopf frei zu bekommen und den Akku aufzutanken. Alles reine Nervensache.