Willi Entenmann R.I.P.

Heute vor einem Jahr ist Willi Entenmann gestorben. Hans Meyer hat 2007 den Pokal geholt, Heinz Höher 1987 den Aufstieg geschafft, aber auch „Willi!“ erfreut sich in Franken allerhöchster Wertschätzung. Entenmann wurde Clubtrainer in der Saison 1991/92, als die Bundesliga für eine Saison mit dem letzten DDR-Meister Hansa Rostock und Dynamo Dresden aufgestockt wurde. In dieser Runde mit 38 Spielen holte der Club 18 Siege und wurde am Ende Siebter. Zu den spektakulären Erfolgen gehörte ein 2-1 gegen den späteren Vizemeister Dortmund, die ohne ihren Miesepampel Klopp auch damals schon schlechte Verlierer waren. Es gab ein 4-3 gegen den späteren Meister Stuttgart und ein 4-0 gegen Köln mit vier Toren in der ersten Halbzeit gegen den Köpke-Rivalen Ilgner. Der Höhepunktt war das 3-1 in München gegen die Bayern, der erste Auswärtssieg dort seit 29 Jahren und der einzige dort seitdem. Ich hatte das Glück, diese vier Spiele live zu sehen, und auch wenn der Pokalsieg eiue Sternstunde war, diese Saison war ein wunderbarer, langer Glückstrip. Entenmann sagte wenig, wenn dann auf schwäbisch, und ließ mit Dorfner, Zarate, Wück und Eckstein einen sagenhaften Offensivfußball spielen. Wie Verbeek, nur mit Siegen.

Die Saison 1992/93 war mit zehn Siegen und Platz 13 solide. Ancona hatte sich Zarate geholt, der 1. FC Kaiserslautern Martin Wagner, André Golke ging zum VfB Stuttgart. Der 19-jährige Christian Wück stand nach der Traumsaison im zweiten Jahr komplett neben sich. 1993/94 waren Zarate und Golke wieder da, aber Offensivgenie Hans Dorfner wurde im September 1993 zum Sportinvaliden, Dieter Eckstein wurde gegangen. Ende Oktober stand der Club nach 14 Spieltagen mit vier Siegen auf Platz 14. Das nächste Spiel war das Heimspiel gegen die Bayern. Ich arbeitete damals in Jerusalem. Deutschsprachige Tageszeitungen vom Montag erhielt man in einem (1) Laden am Dienstag. Internet gab es nicht. In einem vollgestopften Laden für Hausgeräte auf der Jaffa Road  kaufte ich mir ein kleines silbergraues Radio mit Antenne zum Ausziehen. Am Samstag Abend wurden auf BBC die Ergebnisse der „German Bundesliga“ durchgegeben. Der Empfang im New Imperial Hotel in der Altstadt war mäßig. Ich musste einen Ort finden, der ruhig und nicht mit den Quadern aus Jerusalem Stone umbaut war. Am Samstagabend stand ich auf einer Fußgängerbrücke am Montefiore Hill und nahm Peilung auf, bis die Erkennungsmelodie des BBC World Service zu hören war. Sie klang ein wenig so wie die Melodie von Wallace and Gromit. Endlich hieß es „This is London“ und der Club hatte 2-0 gewonnen. Vier Tage später, am 9. November las ich dann, dass Golke und Criens die Torschützen waren. Hans-Jörg Criens, im zarten Alter von 32 Jahren wegen seiner Torjägerqualitäten nach Nürnberg geholt, hatte den Ball irgendwie reingewurschtelt. In der restlichen Saison traf er noch einmal, gegen den VfB Leipzig. Am Tag als ich den Spielbericht mehrfach inhalierte, wurde Entenmann von Präsident Gerhard Voack entlassen. Voacks Schreckenstat veranlasste den zwei Monate vorher nach Schalke abgeschobenen Dieter Eckstein zu der Bemerkung: „Kleine Männer in hohen Schuhen sind gefährlich.“

Nach schwarzen Kassen, Beinahebankrott, Punktabzug und Absturz in die Dritte Liga gelang mit Entenmann 1997 der direkte Wiederaufstieg in die Zweite Liga. Nach fünf Spieltagen wurde Entenmann von Michael A. Roth entlassen. Er möge in Frieden ruhen. Unsterblich ist er sowieso.

Nürnberg wird Baazi

Bester Absteiger aller Zeiten irgendwie. So viel Lob für so viel schönen Fußball. So viele Chancen. So viele blöde Gegentore. Da kann man sich natürlich fragen: War es unter Wiesinger so viel schlechter, abgesehen vom Pokalspiel gegen Sandhausen und dem HSV-Spiel? Und was passiert, wenn Verbeek seine erste Klatsche kriegt? Kommt dann Wiesinger zurück? Macht Mintal es alleine? Tom Brunner? Dieter Nüssing? Alex Ferguson? Lothar Matthäus?

Ich war für Wiesingers Verbleib, finde aber, Verbeek macht sich bisher recht gut. Völlig ruhig, ein wenig schelmisch, und vielleicht ein harter Hund, aber das war Meyer auch auf seine Weise. Nachdem Menotti nicht zu kriegen war, müssen wir den besten poststrukturalistisch verzauselten Übungsleiter nehmen, den wir kriegen können. Eine Handschrift ist ja schon zu erkennen, und das 0-3 gegen Freiburg war ein Quantensprung im Vergleich zum 0-5 gegen den HSV. Baazi Voetbal Total.

Gegen Gladbach haben die Clubberer das zweite und dritte Tor versäumt und sind dann wieder kalt erwischt worden. Auch wenn der Schuß von Drmic an die Latte vermutlich drin, der Einsatz von Xhaka gegen Drmic ein Elfmeter war, hat es der Club selbst versaubeutelt. Erstens sollte man Arango nicht frei zum Schuß kommen lassen, zweitens sind Eigentore in hohem Maße störend auf dem Weg zum Auswärtspunkt und drittens entstanden beide Tore aus unnötigen Freistößen in der Nähe des eigenen Strafraums. Einmal war Stark der Übeltäter, einmal Pogatetz. Dass Schiedsrichter Dingert diese hauchzarten Berührungen als Foul pfeift und Xhakas Blutgrätsche nicht, ist erstaunlich, dass die Gladbacher theatralisch fallen, ist doof, aber trotzdem hilft es nicht, zu jammern. Rein rechnerisch kann der Club in der Hinrunde sogar noch die 20-Punkte-Hürde knacken. Wohl dem, der ein solides Unentschieden-Polster hat. So lange Frankfurt, Freiburg, Augsburg, der HSV und Hoffenheim alle auch verlieren, ist es nicht so schlimm, Platz 15 ist nur drei Punkte weg. Auf ein Neues gegen Wolfsburg, die haben jetzt viermal hintereinander gewonnen, sind also der ideale Aufbaugegner.

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Morgen erscheint mein neuer Roman „Immer schön gierig bleiben“.

Am 16.11. lese ich um 20 Uhr im Max & Moritz, Beletage, Oranienstraße 162, 10969 Berlin. Die Lesung findet statt im Rahmen von „Stadt, Land Buch“, dem Lesefestival des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels (Landesverband Berlin-Brandenburg).

Am 29.11. lese ich um 20 Uhr in der Fantasy/SF-Buchhandlung „Otherland“, Bergmannstraße 25, 10961 Berlin. Mitveranstalter ist die Krimibuchhandlung Hammett, Friesenstraße 27, 10965. Dort kann man mein Buch bestellen.

 

 

 

Schöne Bescherung – Bader kriegt einen Trainergutschein

Schwupp, da war der Trainer weg. Hübsch eingefädelt vom Strippenzieher Allofs, dieser Wechsel. Pünktlich zum Fest beschenkt sich der Manager des VfL Wolfsburg selbst und  sein Kollege Martin Bader beim 1. FC Nürnberg bleibt muss sich mit einem Gutschein über „1 Cheftrainer, neu oder gebraucht“ auf dem Gabentisch begnügen.

Ob Hecking sich damit einen Gefallen tut, ich habe meine Zweifel. Wolfsburg hegt seit der Meisterschaft 2009 äußerst ambitionierte, um nicht zu sagen, überkandidelte Ziele. Und die 40 Punkte plus X, die er in Franken regelmäßig eingefahren hat, werden beim leider stets tragisch verhinderten Champions-League-Teilnehmer für eine erfolgreiche Saison nicht ausreichen. Könnte sein, dass Hecking sich ähnlich verzockt hat wie sein einstiger Zögling Schlaudraff mit seinem Wechsel zu den Bayern. Hoffentlich hat sich der Club nicht nur eine Ablöse, sondern auch die Verpflichtung von Alexander Madlung und Sebastian Polter bei diesem Deal gesichert.

Muss eigentlich nur noch geklärt werden, wer Hecking nachfolgt. Peter Neururer wird zwar immer genannt, wenn der Club einen Trainer sucht, aber der leistet als Fachkommentator bei Sport 1 einen so hervorragenden Job, dass ich ihn mir gar nicht auf der Trainerbank vorstellen möchte. Jedenfalls nicht beim Club. Lothar „Weltbürger“ Matthäus, der mittlerweile fast so oft geheiratet hat wie der Club abgestiegen ist,  würde den Verein in kürzester Zeit zwar bekannter machen als Justin Bieber und Lady Gaga zusammen. Jedoch lassen sich die umfassenden familiären Verpflichtungen des Rekordnationalspielers mit einer derartig verantwortlichen Position nicht vereinbaren.

Markus Babbel muss Hoffenheim erst einmal verdauen und einen Trainer, der sich nur für die Bayern in Stellung bringen möchte, mag ich nicht.  Ralf Rangnick wäre toll, aber gegen die Aufgabe, RB Leipzig in die Dritte Liga und RB Salzburg zum Fußballspielen zu bringen, nimmt sich das Ziel, den Club zur Deutschen Meisterschaft zu führen, viel zu simpel aus. Huub Stevens passt mit seinem mürrischen, wortkargen Pessimismus zwar hervorragend zur fränkischen Lebensart, aber ob er sich wirklich noch einmal motivieren kann, nachdem er mit Raul gearbeitet hat, wer weiß.

Mein Favorit ist nach wie vor Klaus Toppmöller, dessen Bundesligakarriere nicht durch Unvermögen, sondern durch Robert Hoyzer zerstört wurde. Toppi hat mit Frankfurt und Leverkusen Fußball spielen lassen, der noch schöner war als das, was Klopp seinen Duracell-Häschen beigebracht hat. Und fürs erste wären in Nürnberg mit dreimal Vize alle auch ganz zufrieden. Toppmöller ist sehr erfahren, hat ein Händchen für junge Spieler, liebt die Offensive und weiß, wie man die Bayern düpiert. Im Moment ist er vertragslos.

Aber vielleicht springt Hans Meyer für ein halbes Jahr ein, oder Andy Köpke hat eine Ausstiegsklausel beim DFB. Oder Dieter Eckstein kommt. Der Publikumsliebling betreut zur Zeit den DJK/SV Mitteleschenbach in der A-Klasse Frankenhöhe und wäre quasi die klassische Eigengewächslösung. Abwarten und Tee trinken. Apropos Tee – wo steckt eigentlich Felix Magath?