HSV nur sechs Punkte Rückstand auf Platz 1

Von den Mannschaften, die am ersten Spieltag verloren, haben immerhin drei am zweiten Spieltag gewonnen. Das entspricht der Fähigkeit, im Spiel nach einem 0-1 wieder zurückzukommen, nach einem schlechten Start für den Ausgleich zu sorgen. Bei Fürth kam der Sieg durch den Glücksschuß eines Spielers aus der eigenen Jugend zustande, unverdient war er nicht. Bremen bediente sich nervenstark beim Lieblingsgegner HSV, Leverkusen ersetzte die Leichtfertigkeit gegen Frankfurt durch konsequentes Nachsetzen.

Weiterhin punktlos sind wenig überraschend der HSV, ein wenig überraschend Augsburg und Hoffenheim und ziemlich überraschend Stuttgart. Dass ausgerechnet der solide arbeitende VfB am Tabellenende stehen, ist ein wenig tragic für Bobic. Gegen Wolfsburg unglücklich verloren, von den Bayern sauber abgefieselt, fertig ist der Fehlstart. Wenigstens können sie sich mit der Europa League trösten.

Der Branchenprimuskocher von der Säbener Straße hat zwar auch nur Wasser zur Verfügung, greift dafür aber wieder einmal zu den teuersten Zutaten. Diesmal musste es ein Martinez sein. Der kicker schrieb, bisher hätten sich die Großinvestitionen für die Bayern alle gelohnt. Das kann man für Robben und Neuer bezweifeln. Der erste scheiterte in zwei CL-Endspielen, der zweite war in der letzten Saison fast eine Note schlechter als in seiner letzten Saison auf Schalke und mir fällt kein Spiel ein, dass er für die Mannschaft gewonnen hat, mit Ausnahme des CL-Halbfinales gegen Madrid. Thomas Müller ist wieder da, der könnte auch international den Unterschied ausmachen. Ist er so gut, weil Gomez fehlt? Ich finde Mandzukic viel aufregender, auch wenn er natürlich im Moment das falsche Trikot trägt.

Nürnberg hat den Dortmundern durch eine tolle Mannschaftsleistung einen Punkt abgetrotzt. Beim letzten Heimspiel gegen den BVB spielten die Franken zwanzig Minuten lang couragiert und wurden dann Opfer ihrer Unbedarftheit. Diesmal spielten sie klug und gefährlich gegen den Angstgegner. In der Abwehr hat Klose sein Tief überwunden, Kiyotake und Balitsch ziehen die Fäden im Mittelfeld, Pekhart wird auf leisen Sohlen immer besser. Nach den beiden nächsten Spielen – in Gladbach und gegen die Überflieger aus Frankfurt – wird man sehen, wo es für den Club hingeht. Wie angefressen Lüdenscheids Trainer Klopp war, konnte man sehen, als er anfing dem Schiedsrichter die verlorenen zwei Punkte anzukreiden. Tobias Welz pfiff zwar mäßg, benachteiligte aber beide Teams recht ausgewogen.

Hannover und Schalke spielen richtig stark bis jetzt, leidenschaftlich, schnell und immer wieder sehr ahnsehnlich. Wolfsburg sucht sich noch und vermißt Mandzukic schmerzlich. Düsseldorf wird als das Cottbus vom Rhein in die Annalen dieser Saison eingehen, F95 steht offensichtlich für Fightclub. Gladbach ist (noch) nicht so stark wie letztes Jahr, hat aber den Verlust von CL und seiner Mittelachse ganz gut verdaut. Bei Freiburg und Mainz ist die Personaldecke so dünn, dass sie nur voran kommen, wenn sie ans Leistungslimit gehen. Der Höhenflug des hessischen Adlers kann durchaus noch länger dauern. Das ist eine eingespielte Mannschaft mit Potenzial fürs Mittelfeld, einem ehrgeizigen Trainer und sehr viel Wut im Bauch. Und der nächste Gegner heißt HSV.

Jetzt freuen wir uns alle erst einmal auf die Färöer.

Klein und stark – die Espresso-Aufsteiger

Am meisten begeistert  an diesem Spieltag hat mich – neben dem zweiten 1-0-Auftakt-Auswärtssieg von Nürnberg in Serie nach dem 1-0 gegen Hertha letztes Jahr – die Leistung von Raphael Schäfer. Note 1,5 im kicker, zwei Unhaltbare entschärft, gefühlt war das sein bestes Spiel seit dem Pokalfinale 2007. Wenn das der Maßstab ist, wird Rapha eine große Saison spielen. Hertha ist nach dem 0-1 am Anfang übrigens abgestiegen. Mittlerweile sind eigentlich fünf Euro ins Phrasenschwein fällig, wenn man dem HSV den Abstieg prophezeiht.

Aber reden wir über die mutigen Düsseldorfer und die abgezockten Frankfurter. Beide haben sich in ihr erstes Spiel reingewühlt und reingekämpft, beide waren am Ende auch spielerisch überzeugend. Beide sind wegen Fanausschreitungen mit einem schlechten Leumund in die neue Saison gestartet und haben ihre Kritiker (im Falle der Eintracht auch mich) eines Besseren belehrt. Düsseldorf hat schon in der Zweiten Liga durch unglaubliche mannschaftliche Geschlossenheit überzeugt und wird manch anderem direkten Konkurrenten um Platz 15 den Zahn ziehen.

Frankfurt ist eigentlich gar nicht so klein, also eher ein refill-Pott Kaffee. Der Abstieg wird als Betriebsunfall gewertet, und der Kader ist von der Papierform her sicherlich stärker als der manches anderen Erstligisten. Außerdem gibt es noch Armin Veh. Auch wenn er nicht mein Lieblingstrainer ist, gehört er neben Klopp, Magath, Heynckes und Schaaf zu den fünf aktiven Meistertrainern in der Liga. Nicht, dass Frankfurt  Meister wird, aber Veh ist in der Lage, eine Mannschaft zu formen, die über sich hinauswachsen kann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Stuttgarts Meisterschaft war noch sensationeller als die von Wolfsburg oder Dortmund.

Und die tapferen Fürther? Abwarten und Grünen Tee trinken, möchte man ihnen zurufen. Das 0-3 gegen die Bayern ist keine Katatrophe. Wenn man den Auftritt der fast identischen Mannschaft mit dem im Pokal-Halbfinale gegen Dortmund vergleicht, war es wohl ein Lampenfieberproblem. Jedenfalls haben sie jetzt schon die Hälfte der richtig schwierigen Brocken hinter sich, der Club kommt im November in den Ronhof.

Schrecklich gut

Also diese Lüdenscheider, Respekt. Rennen noch mehr als im letzten Jahr und sind taktisch noch ein bißchen besser geworden. Und die meisten auf dem Platz sind noch keine 25. Selbst Susi Zorc, wegen seiner erratischen Transferpraktiken unlängst noch als Blindfisch vom Borsigplatz bezeichnet, landet Treffer um Treffer. Erst Hummels und Subotic, dann Barrios, jetzt Kagawa. Das sympathische Jahrhunderttalent Nelson Valdez hat er glücklich in die Primera Division abgeschoben. Auch wenn Trainer Klopp demnächst wieder auf der Tribüne landen wird, weil er in der Coaching Zone  Tänze aufführt, als wolle er dem Gott Baal huldigen, das Spiel ohne Baal funktioniert in jedem Fall prächtig bei der Borussia. Nachdem diese Tabelle die Merkwürdigste seit Menschengedenken ist – einmal war Duisburg mit einem negativen Torverhältnis ungefähr am 20. Spieltag Erster – sind die Lüdenscheider im Moment ein ernsthafter Kandidat für ganz oben. Bleibt nur die Frage, ob der Hurrastil länger reicht als eine Halbrunde. Wenigstens bis zum 3.10. gilt es durchzuhalten. Dann kommen die Bayern in die Ausfallbürgschaft-Arena.