Totem und Tattoo

Es war einmal im Land der tausend Laktattests , da gelobte der Auswahltrainer, seine Durchleucht, der Herr Löw: Es soll fortan nur nach Leistung gehen, nichts als Leistung soll sein das Kriterium, nach welchem ich berufen will meine Spieler.

Und ging die Zeit ins Land und kam da ein Spieler Jermaine Jones, Bub aus der Bronx von Bonames, der  spielte zwei Jahre lang überdurchschnittlich in einer durchschnittlichen Schalker Mannschaft und zeigte eine Dynamik und Zweikampfbilanz im defensiven Mittelfeld, die man seit Lothar Matthäus dort nicht mehr gesehen hat. Und er ward berufen pro forma für drei Freundschaftsspiele, und fortan ignorieret, weil er nicht passte in das Anforderungsprofil der Anforderungsprofilneurotiker beim DFB.

Und ätsch, der mündige Profi Jones, machte munter Gebrauch von seinen durch die FIFA garantierten Rechten und sprach bei sich und vernehmbar: Etwas Besseres als acht Minuten in einem Freundschaftsspiel gegen Österreich findest du zwar nicht überall, aber in den USA wirst du zumindest eine faire Chance erhalten.

Doch siehe, es waren Leitartikler und Kommentatoren auf dem Feld der öffentlichen Meinung, die fürchteten sich sehr und holten aus zum Rundumschlag, ohne die FIFA-Statuten gelesen zu haben und sparten nicht mit Häme. Und auch wenn Jones nach Asamoah und Kuranyi der dritte Schalker Profi ist, der auf äußerst unfeine Art vom DFB ausgebootet wurde, wer da sich erdreistet zu denken, dies habe mit ihrem Verein oder ihrem außereuropäischen Migrationshintergrund zu tun, der macht sich unbeliebt im Reiche des Auswahltrainers Löw, denn es geht beim DFB immer nur nach Leistung und keinesfalls nach Kopfnoten oder VfB Stuttgart.

Und nun wollen wir sehen, wie es weitergeht mit den Kickern in den schwarzen Hosen und weissen Hemden, dem wankelmütigen Frings, dem Schluck Wasser Schweinsteiger und dem braven Rolfes im Mittelfeld, dem kreuzbandverletzten Helmes, dem langzeitverletzten Klose und dem zum Austeilen neigenden Podolski im Sturm. Und wir wollen Leistung sehen, damit Jones und Kuranyi vergessen sein mögen, und getilgt sei ihr Name aus den Kadern für alle Zeit und Herrn Löw ein Wohlgefallen.

Fehleinkäufedoppelpack bringt Schalke einen Dreier

Die traurige Saat von Andy Müllers verkorkster Transferpolitik ist gestern Abend einmal mehr aufgegangen. Erst traf der überteuerte Farfan, dann der überschätzte Kuranyi. Wie gut, dass wenigstens der übermotivierte Jones leer ausging, sonst wäre die Schalker Führungsriege in Erklärungsnöte gekommen. Warum kriegen eigentlich Mülder und Buskens keine Chance? Die waren doch schon letztes Jahr richtig gut.

Kahn auf Schalke

Das verspricht mindestens so viel Spass und Erfolg wie Stevens bei Hertha. Die aufmüpfigen Fans werden das Bayern-Urgestein spontan in ihr Herz schließen, der Novize wird den schwierigsten Verein der Liga aus dem Handgelenk in die Erfolgsspur zurückführen, Rudi Assauer wird dem Nachfolger auf seinem Thron mit liebevoller Kolportagekritik Tag für Tag den Rücken stärken. Was für ein Wahnsinn, diese Variante ernsthaft in Erwägung zu ziehen, so es denn stimmt, was gemunkelt wird. Wobei der kicker selten nur ins Blaue hinein Personalien verkündet. Mir hat es nicht gefallen, dass Müller entlassen wurde. Man schaue sich mal an, in welches Loch Bremen gefallen ist, als Rehhagel ging, das hat Jahre gedauert, bis der SVW diese Ära verdaut hatte. Müller hat den Übergang von Assauer nahtlos vollzogen, dass es mit der Meisterschaft nichts wurde, ist am allerwenigsten sein Fehler. Dass man bei Südamerikanern im Transfer mal daneben greift, ist schon jedem Verein passiert, selbst Leverkusen, die überdurchschnittlich viel Erfolg mit Südamerikanern haben. Außerdem spielt Farfan kein schlechtes erstes Jahr. Der einzige Mißgriff war in meinen Augen Streit, aber nicht als Transfer, sondern als Bankdrücker. Streit hätte phantatisch zu Schalke gepaßt, eine Art Jermaine Jones, der auch Außenristpässe spielen kann, ein Charakterkopf, der auch mal das Maul aufmacht. Wie Jones, wie Asamoah, wie Wilmots, Höwedes… Aber selbst wenn Müllers Entlassung richtig war, hätte man sich vorher konkrete Gedanken über die Nachfolge machen müssen. Magath ist als Kandidat wesentlich interessanter als Kahn. Dieter Hoeneß ist demnächst zu haben, oder vielleicht Bernd Schuster. Als Sportlicher Direktor könnte er den ruhigen königsblauen Trott der letzten Jahre etwas aufpeppen, dazu Lothar Matthäus als Trainer, wuahahahaharhar.