Die Stunde der Außenseiter

Irre ich mich, oder gibt diese Pokalrunde mehr Hoffnung denn seit langem, dass die Außenseiter mal wieder so richtig abräumen?

Gleich am Dienstag erwartet der Pokalschreck aller Schrecken, Trier, die aufstrebende Arminia aus Bielefeld, die sich nach dem Ausflug an die Mosel wohl auf den Aufstiegskampf wird konzentrieren dürfen. Die neu aufgestellten Karlsruher begrüßen die vor sich hin dümpelnden Dortmunder, die mit den Gedanken schon beim Derby gegen Schalke sind. Und sollte es der gerüchteweise existierenden Offensivabteilung des 1. FC Nürnberg gelingen, Tore durch Osmose herzustellen, dürfte auch Hoffenheim mit leeren Händen aus Franken zurück kehren.

Am Mittwoch trifft Hertha in seinem Lieblingswettbewerb auf den lettischen Vertreter Achtzehnhundertsechzeikis Münchenis. Und wieder droht ein blaues Wunder. Die zu Hause wackeligen Bremer empfangen St. Pauli, die endlich wieder einmal nicht das Spiel zu machen brauchen und auf pfeilschnelle Konter lauern könne. Osnabrück, das Pokalbermudadreieck des Nordens, setzt an, den HSV zu verschlingen, Kaiserslautern lauert auf Leverkusener Laxheiten, Köln macht sich berechtigte Hoffnungen auf einen Coup gegen Wolfsburg, und ganz zum Schluß gibt es da noch den Lübecker Zentralfriedhof mit einem schmucken neuen Stein, drauf geschrieben steht: Stuttgart. Denn der VfB ist dem VfB sein VfB.  Es ist angerichtet.

Löwe und Raute kriseln vor sich hin

Gestern machte das Zappen mal so richtig Spaß. Im Bayerischen Rundfunk bei „Blickpunkt Sport“ räsonierten drei eigentlich recht sachkundige und schlitzohrige Bayern-Fanclub-Mitglieder darüber, wieviele Kubikmeter verbrannte Erde Jürgen Klinsmann an der Säbener Straße hinterlassen hat, und ob es jetzt der größere Fehler war, Ze Roberto gehen zu lassen oder Lucio zu verkaufen. Der eine Fan war strikt gegen Neueinkäufe, der andere dachte laut: „Wannda Vandavart na kemma dat…Oda da Wesley Schneijder.“

Jean-Marie Pfaff  war da und machte vor, wie Rensing richtig aus dem Tor rausläuft, wenn eine Flanke aufs kurze Eck kommt. Die Fanclubvertreter waren eher pro Rensing, ob der Hoeneß Uli mit seiner Tirade gegen Neuer, Enke und wie sie alle heißen, dem unsympathischen Jahrhunderttalent nicht eine schwere Bürde auferlegt hat, stand übrigens nicht zur Debatte. Auch nicht, dass Angehörige des Fanclubs Schickeria nach dem Spiel in Mainz wieder randaliert hatten. Vor zwei Jahren hatten sie bei Würzburg einen Bus mit Clubfans überfallen und einer Frau das Auge ausgeschlagen.

Zeitgleich mit Pfaffs Bewegungsübungen verloren die Sechziger im Kalbsrollbraten  von Fröttmaning 1-3 gegen den KSC. Dieses Spiel hat insofern fußballgeschichtliche Bedeutung, als Christian Timm 1 (in Worten: ein) Tor erzielt hat. Die Löwen mußten gerade den Abgang von Bender Nummer 2 nach Leverkusen verkraften und sind mit 13 Punkten auf Platz drei, nein mit drei Punkten auf Platz 13 so weit weg eigenen Anspruch wie die Lokalrivalen eine Etage weiter oben. Dass die Sechzger aufsteigen wäre allerdings fast ein so großes Wunder wie ein Tor von Christian Timm. Bei den Bayern könnte es nach einer Trotzreaktion zu Platz drei reichen.

PS: Union Berlin hat sich von seinem anrüchigen Sponsor getrennt. Das wird die Aufstiegschancen nicht schmälern.

zum sechsten…zum siebten…und rauf mit Applaus

Und da isser wieder, das kleine mittelfränkische Steigaufmännchen hat es geschafft. Mit drei Glanzparaden von Schäfer, einem Sahnestückchen von Eigler, einem kurzen Antritt des Phantoms, einem 3-0 aus dem Hinspiel und 47000 Zuschauern im Rücken ist der Club heute wieder (einmal) aufgestiegen. Erinnert irgendwie an den Aufstieg unter Heinz Höher, unter der Saison die alten Säcke rausgeworfen und auf die Jungen gesetzt, damals Reuter, Grahammer, Eckstein, Köpke, heute Diekmeier, Maroh, Reinartz, Risse.

Auch wenn es heute in der zweiten Halbzeit nur Sommerfußball gab, es gibt Schlimmeres, als gemütlich einem bevorstehenden Aufstieg entgegenzudämmern. Jetzt sind wir sehr gespannt, welche neuen Leute Michael „Pearl Jam“ Oenning holen will, und welche Spieler man ihm wegkaufen möchte, vergeblich natürlich. Wobei die Euphorie diesmal deutlich größer war als beim letzten Aufstieg, den der verwöhnte mittelfränkische Fan nach dem extrem blöden Abstieg lediglich huldvoll zur Kenntnis nahm.  Es ist eine prima Mischung, ein paar Erfahrene mit Schäfer, Gygax, Kluge, Mintal, Pinola, ein paar hungrige und lernwillige Junge, und Eigler hat gerade einen Lauf, schon wieder getroffen. Der wird doch nicht so weitermachen nächste Saison.

Michael A. Roth sollte einen Antrag stellen, dass Mehmet Scholl jetzt immer Experte ist, der Scholli bringt uns Glück. Das war nicht immer so, in seinem letzten Spiel als KSC-Spieler hat er dem Club einmal den UEFA-Cup-Platz versaut, aber das ist schon mindestens drei Aufstiege her.